Neues Mikroskop löst Rätsel um den Transport von Botenstoffen

Hamburg. Wissenschaftler des Universitätsklinikums Eppendorf haben ein neues optisches Verfahren entwickelt, mit dem sie genauer als bisher die Informationsübertragung zwischen den Nervenzellen verfolgen können. Über ihre Arbeit berichten Prof. Thomas Oertner und seine Kollegen in der Fachzeitschrift "Neuron".

Ausgangspunkt der Experimente war ein bisher ungeklärtes Rätsel. Der Nervenbotenstoff Glutamat wird für die Informationsübertragung zwischen zwei Nervenzellen - diese Verknüpfung heißt Synapse - in kleine Bläschen (Vesikel) verpackt, die dann ihren Inhalt in den Raum zwischen den beiden Nervenenden ausschütten, den synaptischen Spalt. "Die bisherigen Lehrbücher besagen, dass nur die Hälfte der dafür vorgesehenen Vesikel in den Nervenzellen auch tatsächlich benutzt werden", sagt Oertner. Jetzt habe sich herausgestellt, dass das nur bei isolierten Nervenzellen der Fall ist, die auf Glasplatten kultiviert werden.

Denn die Forscher konnten mit einem sogenannten Zwei-Photonen-Mikroskop Aufnahmen von lebendem Gewebe mit einer Dicke von etwa 30 Zelllagen machen. Dafür entnahmen sie Gewebe aus dem Hippocampus von jungen Ratten, einer speziellen Hirnregion, die für das Gedächtnis zuständig ist. In einem speziellen Inkubator entwickelte sich dieses Gewebe weiter, das heißt, die Nervenzellen bildeten untereinander immer mehr Verknüpfungen.

Unter dem neuen Mikroskop zeigte sich dann: "Die Synapsen dieser Zellen nutzten die Vesikel zu 100 Prozent", sagt Oertner. Nach der Freisetzung des Glutamates wurden die Bläschen wieder in die Nervenzelle aufgenommen und dort erneut mit dem Botenstoff gefüllt, sodass immer genug davon zur Verfügung stand. Nur bei ganz jungen Nervenzellen blieb ein Reservepool von Vesikeln unbenutzt.

Die UKE-Forscher konzentrieren sich bei ihrer Forschung auf die Stabilisierung und Destabilisierung von Synapsen. "Wenn wir besser verstehen, was Synapsen stabil und instabil macht, können wir Medikamente entwickeln, die dort ansetzen und so etwa durch gezielte Destabilisierung von Synapsen im Hippocampus traumatische Erinnerungen löschen", sagt Oertner.