Der Gesundheit von Dorschen gehen Hamburger Forscher im Projekt Chemsea auf den Grund

Hamburg. Etwa 50.000 Tonnen chemische Kampfmittel aus dem Zweiten Weltkrieg liegen auf dem Grund der Ostsee. Elf zivile und militärische Forschungseinrichtungen in Deutschland, Finnland, Litauen, Polen und Schweden untersuchen im Projekt Chemsea die ökologischen Auswirkungen der Altlasten. Von Mittwoch bis Freitag treffen sich die Projektpartner im Thünen-Institut für Fischereiökologie an der Palmaille.

Die Hamburger Forscher untersuchen zusammen mit Partnern in Helsinki und Sopot (Polen) den Gesundheitszustand von Dorschen. "Bei drei Probennahme-Kampagnen im Dezember 2011, Mai 2012 und Dezember 2012 in den Versenkungsgebieten haben wir einige Auffälligkeiten bei den Fischen gefunden. Jedoch ist es zu früh, um Aussagen zu treffen, denn uns fehlen noch die Ergebnisse der chemischen Analysen von Leber, Nieren, Muskelgewebe und weiteren Proben", sagt Dr. Thomas Land, stellvertretender Institutsleiter und Gastgeber der Tagung.

Auffällig waren zum Beispiel bakterielle Erkrankungen von Dorschen, die den Forschern im Hauptversenkungsgebiet östlich von Bornholm ins Netz gingen. Hier waren mehr Tiere betroffen als in unbelasteten Vergleichsgebieten. Eine These der Wissenschaftler: Schadstoffe haben das Immunsystem der Dorsche geschädigt. Doch solange durch chemische Untersuchungen der Fischorgane keine erhöhten Werte von arsenhaltigen Verbindungen (Indikator für Kampfmittelrückstände) nachgewiesen sind, bleibt der Zusammenhang mit militärischen Altlasten eine unbestätigte Vermutung.

Immerhin hätten Kollegen des Alfred-Wegener-Instituts in Bremerhaven in den Nieren der Tiere Auffälligkeiten im Gewebe festgestellt, die auf Arsenspuren hindeuteten, so Lang. Und das finnische Umweltinstitut Syke habe bei Miesmuscheln, die die Forscher im Bornholmer Versenkungsgebiet wochenlang in Käfigen ausgesetzt hatten, körpereigene Substanzen (Enzyme) gefunden, die Schädigungen durch Nervengifte anzeigen.

Insgesamt seien dies aber nur einige Indizien, betont Lang. Die ökologischen Risiken der am Meeresgrund rottenden Chemiewaffen seien noch nicht abschätzbar, da es zu wenige systematische Untersuchungen gebe. Eine von ihnen, Chemsea, wird im März 2014 abgeschlossen sein.