Doktoranden der Uni Hamburg untersuchen klimatische Einflüsse, unter anderem in der Elbmarsch

Hamburg. "Der Naturschutz muss sich angesichts des Klimawandels auf veränderte Bedingungen einstellen. Tier- und Pflanzenarten werden ihre Verbreitungsareale nordwärts verlagern. Sie brauchen Raum für diese Entwicklung, müssen auf ihrem Weg geeignete Lebensräume finden können." Das sagt Wiebke Schoenberg, die sich am Biozentrum Klein Flottbek der Uni Hamburg vor allem mit dem Wandel in der Pflanzenwelt befasst.

Bislang sei nur von wenigen Pflanzenarten bekannt, dass sie eindeutig auf steigende Durchschnittstemperaturen oder andere Klimaparameter reagieren, sagt Schoenberg. So hat die Stechpalme (Ilex aquifolium) aufgrund der Abnahme von Frosttagen ihre nördliche Verbreitungsgrenze von Dänemark nach Südschweden verschoben. "Gerade in städtischen Räumen wie Hamburg ist es aber schwierig, etwa das Vorkommen einer wärmeliebenden Art dem Einfluss des Klimawandels zuzuschreiben. Denn Städte sind durch ihre Bebauung ohnehin etwas wärmer als die Umgebung und bieten solchen Arten schon deshalb günstigere Lebensbedingungen." Davon habe zum Beispiel das Schmalblättrige Greiskraut profitiert. Die südafrikanische Art macht sich vor allem auf Brachflächen, an Straßenrändern und Bahngleisen breit.

Frühere Blühzeitpunkte etwa im Obstbau, aber auch beim Hamburger Frühlingsboten - der Forsythie an der Lombardsbrücke - gelten als sichtbare Zeichen der Erwärmung. Der "Forsythienkalender" an der Alster ist besonders wertvoll, weil bereits seit 1945 lückenlos der Zeitpunkt der ersten Blüte festgehalten wird - er liegt heute im Mittel vier Wochen früher. Doch wie wirken sich zum Beispiel trockenere Sommer oder winterliche Überflutungen auf einzelne Arten in unterschiedlichen Lebensräumen aus? Antworten suchen derzeit Doktoranden des Biozentrums in der Elbmarsch, in drei norddeutschen Hochmooren und in den Elbauen zwischen Bleckede und der Havelmündung.

Fest steht: Der Naturschutz müsse den Wandel berücksichtigen. Schoenberg: "Spätestens ab Mitte dieses Jahrhunderts könnte es schwierig werden, etwa die mit der Ausweisung von Naturschutzgebieten verknüpften Ziele am Erhalt einzelner Tier- oder Pflanzenarten festzumachen. Denn dann könnten sich klimatische Änderungen beschleunigen, sodass sich die Verbreitungsmuster vieler Arten allmählich ändern. Für Deutschland könnte dies zumindest vorübergehend auch zu einer erhöhten Biodiversität führen. Gleichzeitig könnte der Erhalt einzelner Spezies in einem Schutzgebiet immer schwieriger werden, weil sich ihr Areal verschiebt und sie dort keine passenden Bedingungen mehr findet."

Die Geografin plädiert dafür, dem Naturschutz mehr Fläche einzuräumen. Zudem müssten die Dienstleistungen der Ökosysteme mehr in den Vordergrund rücken, etwa die Kapazität von Mooren und Wäldern, Kohlenstoff zu speichern und damit der Erderwärmung entgegenzuwirken.