Wahl des Lebensraumes in der Wachstumsphase kann über Erfolg bei Fortpflanzung entscheiden

Hamburg. Die Bemühungen, den bedrohten Europäischen Aal zu fördern, indem Jungfische in Binnengewässern ausgesetzt werden, könnten ins Leere gehen. Das legt eine Untersuchung von Hamburger Wissenschaftlern des Thünen-Instituts für Fischereiökologie und kanadischen Kollegen nahe. Sie stellten fest, dass Aale, die vor ihrer weiten Wanderung ins Laichgebiet der Sargassosee an der Küste lebten, deutlich fitter sind als Artgenossen aus Binnengewässern.

Bevor die Fische zu ihrer 7000 Kilometer lange Reise quer durch den Atlantik aufbrechen, müssen sie sich möglichst große Fettreserven anfressen und bei guter Gesundheit sein. Dazu verbringen sie fünf bis 20 Lebensjahre in europäischen Gewässern. Manche Aale bleiben im Süßwasser, andere leben an Küsten. Anhand der Zusammensetzung der Spurenelemente in kleinen Kalkgebilden im Innenohr der Fische (Otolithen) konnten die Forscher nachvollziehen, in welchem Maße das einzelne Tier sich in Gewässern mit unterschiedlichen Salzgehalten aufgehalten hat. Zudem untersuchten sie den Fettgehalt der Fische und den Befall durch einen Parasiten namens Anguillicoloides crassus - ein Fadenwurm, der die Schwimmblasen von Aalen befällt.

Die fetteren und fitteren Aale fanden die Forscher in der Gruppe, die salzigeres Wasser bevorzugte. Die Wahl des Lebensraumes könne durchaus darüber entscheiden, ob ein Aal in der Lage ist, sich erfolgreich fortzupflanzen, schlussfolgern die Fischexperten mit Blick auf die kräftezehrende Schwimmstrecke zum Laichgebiet.

Deshalb zweifeln sie am Nutzen von künstlichen Besatzmaßnahmen, die der bedrohten Art helfen sollen: Denn in der Regel werden dafür Jungaale aus Küstengewässern entnommen, um sie später in - oftmals weit entfernte - Flüssen und Seen auszusetzen. Damit landen die Jungaale in einer Umgebung, in der sie nicht optimal aufwachsen können.