Für Zuckerkranke mit verengten Herzkranz-Gefäßen sind die Überlebens-Chancen höher als mit einer Gefäßstütze, wie eine Studie zeigt.

Hamburg. Was hilft besser bei Erkrankungen der Herzkranzgefäße, die Bypassoperation oder das Einsetzen eines Stents, der nach dem Aufdehnen die betroffene Arterie offen hält? Diese Frage wird immer wieder diskutiert und in neuen Studien untersucht. Für Diabetiker scheint es darauf jetzt eine eindeutige Antwort zu geben. Eine neue internationale Studie hat gezeigt, dass bei Diabetikern, die Verengungen an mehreren Herzkranzgefäßen haben, nach einer Bypassoperation innerhalb von fünf Jahren weniger Todesfälle und Herzinfarkte auftraten als bei Diabetespatienten, die einen Stent erhalten hatten. Die Schlaganfallrate war allerdings bei den Patienten höher, die einen Bypass erhalten hatten. Die Ergebnisse der Studie sind in der Fachzeitschrift "New England Journal of Medicine" veröffentlicht worden.

An der Studie nahmen 1900 Patienten aus 140 Behandlungszentren teil, mit einem Durchschnittsalter von 63 Jahren. Bei der einen Gruppe wurden Bypässe gelegt, um die verstopften Arterien zu umgehen, die andere Gruppe wurde mit Stents behandelt, die per Katheter nach dem Aufdehnen der Engstelle mit einem Ballon in die Arterie eingesetzt werden und diese offen halten. Die Stents sind mit Medikamenten beschichtet, um einen erneuten Verschluss der Arterie zu verhindern. Nach einem Beobachtungszeitraum von fünf Jahren kam die Studie zu folgenden Ergebnissen: Die Rate der Todesfälle lag in der Bypassgruppe bei 10,9 Prozent, in der Stentgruppe bei 16,3 Prozent. Einen Herzinfarkt erlitten sechs Prozent der Bypasspatienten, aber 13,9 Prozent derjenigen, die mit Stents versorgt worden waren. Die Rate der Schlaganfälle überwog bei den Bypasspatienten mit 5,2 Prozent im Vergleich zu 2,4 Prozent bei der Stentgruppe.

Diese Schlaganfallrate lasse sich aber durch schonende Operationstechniken weiter senken, sagt Prof. Friedrich-Christian Rieß, Chairman des Albertinen-Herz- und Gefäßzentrums Hamburg und Chefarzt der Herzchirurgie. In den USA - aber auch in Deutschland - sei es noch üblich, viel mit der Herz-Lungen-Maschine zu operieren und für die Bypässe zum Teil Venen zu verwenden, die in die Hauptschlagader eingepflanzt werden. Beides berge das Risiko, dass sich aus der Wand der Hauptschlagader Verkalkungen lösen, mit dem Blutstrom ins Gehirn geschwemmt werden und dort Schlaganfälle auslösen. "Deshalb setzen wir in unserem Zentrum in den allermeisten Fällen eine Technik ein, bei der die Hauptschlagader überhaupt nicht berührt wird. Wir operieren die Patienten am schlagenden Herzen ohne Einsatz der Herz-Lungen-Maschine und verwenden für den Bypass die Brustbeinarterien, die an die Herzkranzgefäße angeschlossen werden. Dabei versorgt die linke Brustbeinschlagader die Vorderseite des Herzens. Die rechte wird komplett herausgenommen, an die linke Brustbeinschlagader angenäht und versorgt die Hinterseite", erläutert Rieß, der nach eigenen Angaben mittlerweile 95 Prozent seiner Patienten nach dieser Methode operiert. Das Risiko eines Schlaganfalls würde so nahezu ausgeschlossen.

Warum die Bypassoperation gerade bei Diabetikern deutlich bessere Ergebnisse zeigt, hat laut Rieß mehrere Gründe. So treten bei Diabetikern Gefäßveränderungen im Sinne einer Arteriosklerose deutlich früher auf als bei Menschen ohne diese Stoffwechselstörung. "Die Gefäßveränderungen laufen beim Diabetiker sehr viel schneller ab und sind insgesamt diffuser. Das heißt, es kommt nicht nur an den Abgängen der Arterien zu Engstellen, sondern sie ziehen sich oft durch das ganze Gefäß bis in die Spitze. Das bedeutet aber auch, dass es sich oft um langstreckige Verengungen handelt. Und je länger die Strecke ist, die oftmals mit Stents versorgt werden muss, umso größer ist das Risiko, dass es hier erneut zu Einengungen kommt", erläutert der Herzchirurg. Hinzu komme, dass der Durchmesser der Herzkranzgefäße bei Diabetikern oft kleiner sei.

Sehr wichtig sei, für den Bypass die Brustbeinarterien zu verwenden, in denen es aus ungeklärten Gründen nie zu Ablagerungen durch Arteriosklerose komme und somit ein minimales Risiko eines erneuten Verschlusses bestehe - anders als bei venösen Gefäßen: "Werden diese zum Teil des arteriellen Systems, beginnen sie, sich gegen den für sie ungewohnt hohen Blutdruck durch Umbauten ihrer Gefäßwand zu wappnen. Dadurch steigt aber das Risiko, dass es dort zu neuen Einengungen kommt", so Rieß. Laut einer Studie seien die venösen Bypässe nach zehn Jahren nur noch zu 62 Prozent offen.

Die Verwendung der Brustbeinschlagadern für die Bypässe birgt ein gewisses Risiko, dass es dort zu Infektionen und Wundheilungsstörungen kommt. "Um dieses Risiko zu senken, ist eine schonende Entnahme der Arterien nötig, bei der der Venen in diesem Bereich erhalten bleiben", erklärt Rieß.

Auch aus der Sicht der Kardiologen ist die Studie eindeutig. "Sie bestätigt unsere bisherige Vorgehensweise. Auch am UKE ist die Bypassoperation bei Diabetikern mit Erkrankungen von mehreren Herzkranzgefäßen die Therapie der ersten Wahl", sagt Prof. Stefan Blankenberg, Direktor der Klinik für Allgemeine und Interventionelle Kardiologie am Universitären Herzzentrum des Universitätsklinikums Eppendorf. Schwer kranke Patienten mit vielen Begleiterkrankungen und hohem Operationsrisiko würden aber auch mit Stents behandelt.