Friedensforscher der Universität Hamburg untersuchen, wie sich durch den Klimawandel verschärfte Probleme lösen ließen

Hamburg. Wer nicht an der Quelle sitzt, hat manchmal das Nachsehen. So auch am längsten Fluss Afrikas, dem Nil. Er zieht sich durch elf Staaten, und alle entnehmen ihm Süßwasser, das ihnen als Existenzgrundlage dient. Ägypten an der Mündung ist der letzte Nutzer und kann nur nehmen, was übrig bleibt. Lange war dies kein Problem, doch in den Nachbarstaaten schreitet die Industrialisierung voran und kostet zusätzliches Wasser. Dazu kommt der Klimawandel. Könnte dieser die Situation weiter verschärfen?

Als Friedensforscher am KlimaCampus interessiert uns, ob bewaffnete Konflikte durch die globale Erwärmung häufiger werden - und unter welchen Bedingungen die Akteure kooperieren. Schon 1959 schloss Ägypten wegen seiner verletzlichen Position am Ende des Flusslaufs ein erstes Abkommen mit dem Sudan, das die Wasserentnahme regelte. In den folgenden Jahrzehnten erlangte Ägypten eine wirtschaftliche Vormachtstellung am Nil. Der weniger entwickelte Sudan dagegen schöpfte seine zulässige Wasserquote gar nicht aus, weil er sie schlicht nicht brauchte.

Doch die Region wandelt sich: Sudan möchte in Zukunft die volle vertraglich zugesicherte Menge entnehmen. Und auch kleinere Staaten am Oberlauf - näher zur Quelle hin - werden sich ihrer Macht bewusst. Während seit zehn Jahren die sogenannte Nile Bassin Initiative mit allen Anrainern an einer Kooperation für das gesamte Flussmanagement arbeitet, haben mehrere Staaten am Oberlauf kurzerhand ein separates Abkommen geschlossen und Ägypten damit brüskiert. Ein deutliches Signal, auch wenn deren Wasserbedarf zurzeit noch marginal ist.

Welches Verhalten wäre für die jeweiligen Parteien jetzt sinnvoll? Anhand eines Computermodells betrachten wir exemplarisch die vier wichtigsten Wassernutzer des Nils: Uganda, Äthiopien, Sudan und Ägypten. Alle möchten ausreichend Wasser haben. Hierfür hat die Politik vier Optionen: Wasser sparen durch effizienteren Einsatz, neue Ressourcen erschließen (etwa durch den Bau von Reservoirs), Kooperation mit den Nachbarstaaten oder Bedrohung der Nachbarn.

In jedem der vier Fälle kostet es allerdings unterschiedlich viel, einen Kubikkilometer zusätzliches Wasser zu gewinnen. Hier fließen Informationen über die aktuellen Wasserpreise im Land, den Wasserverbrauch, das Bruttoinlandsprodukt und die Bevölkerungsentwicklung in das Modell ein. Auf dieser Basis ermitteln wir, wie einzelne Länder die Maßnahmen am besten kombinieren und ihr Geld sinnvoll einsetzen können. Zusätzlich beziehen wir verschiedene Klimaprognosen in die Berechnungen ein: So gehen wir in einem Szenario davon aus, dass sich in den kommenden 20 Jahren die verfügbare Menge Wasser im Nil um ein Fünftel reduziert.

Überraschend: Selbst ein solch drastischer Wasserverlust hätte keinen großen Einfluss auf die Wasserverteilung. Viel stärker wirken die kurzfristigen politischen Optionen. Gleichzeitig stellen wir fest: Bewaffnete Konflikte sind zurzeit für alle Staaten die teuerste Lösung - Kooperation bleibt also auch rein wirtschaftlich die bessere Wahl.