Kyoto. Das unbekannte Teilchen, das Physiker des CERN in Genf entdeckt haben, nimmt langsam Gestalt an. Vier Monate nach der ersten Veröffentlichung präsentierten Mitglieder der Experimente ATLAS und CMS in Kyoto erste Ergebnisse zu den Eigenschaften des Partikels. Demnach erhärten sich die Hinweise, dass es sich um das zentrale und letzte unbewiesene Element des Standardmodells handelt: das Higgs-Boson. Der Nachweis würde die Theorie über das Higgs-Feld bestätigen, einen unsichtbaren Äther, der dafür sorgt, dass sich winzige Teilchen zusammenballen und Materie bilden - Sterne, Planeten, uns Menschen.

Die Hoffnung einiger Physiker, dass ein Teilchen nachgewiesen wurde, das auf eine Physik jenseits des Standardmodells hindeuten und etwa die mysteriöse Dunkle Materie erklären könnte, hat sich bisher nicht erfüllt (der Theorie der Supersymmetrie zufolge sollten mindestens fünf verschiedene Higgs-Bosonen existieren). Noch seien andere Szenarien nicht ausgeschlossen, sagte der Physiker Andreas Meyer vom Hamburger Forschungszentrum Desy, der die Konferenz in Kyoto besucht. Er glaube zwar, dass es sich um das Standard-Higgs handele, aber: "Die Suche nach neuen Phänomenen geht unvermindert weiter."