Die Hamburger fliegen häufiger und verbrauchen mehr Strom als der deutsche Durchschnitt, zeigt der ökologische Fußabdruck.

Hamburg. Wenn jeder Mensch so leben würde wie ein Hamburger, bräuchte es 2,9 Planeten, um genügend Energie und Rohstoffe zu liefern und Schadstoffe unschädlich machen zu können. Da wir aber nur eine Erde haben, wird deren Regenerationskraft weit überlastet. Das zeigt eine Untersuchung, die der Zukunftsrat Hamburg bei der britischen Beratungsfirma Best Food Forward in Auftrag gegeben hat. "Es ist die erste umfassende Studie zum Umweltverbrauch einer deutschen Großstadt, heruntergerechnet auf ihre Bürger", sagt Jan Petzold, der beim Zukunftsrat das Projekt betreut hatte.

Als Maßstab, wie stark Menschen das Erdsystem beanspruchen, dient der ökologische Fußabdruck. Er wird seit 2003 vom gemeinnützigen Netzwerk Global Footprint Network für 100 Staaten der Erde erstellt - eine Fleißarbeit, denn es gilt, alle Aktivitäten der Bürger zu erfassen und ihre Wirkung auf die Erde wie Landnutzung, Energie- und Rohstoffverbräuche, Abfall- und Abwasseraufkommen, Luftverschmutzung und Klimaschäden zu berechnen. Als einheitliche "Schuhgröße" für den Fußabdruck dient der globale Hektar (gha). Er bezeichnet die durchschnittlich produktive Naturfläche, die nötig ist, um all die menschlichen Nutzungen zu kompensieren.

Der Fußabdruck, den ein Hamburger Durchschnittsbürger jedes Jahr auf der Erde hinterlässt, misst nach der Untersuchung des Zukunftsrates 5,17 gha und ist damit etwas größer als im deutschen Mittel. Während beim größten Posten, der Nahrungsmittelproduktion, die Hamburger nur geringfügig mehr Spuren hinterlassen, sind ihre Fußstapfen bei der Mobilität auffällig größer als die ihrer Landsleute. Beim Autoverkehr schneiden die Großstädter zwar etwas besser ab, doch beim Flugverkehr liegen sie 66 Prozent über dem nationalen Mittel. "Die Nähe zum Flughafen macht das Fliegen attraktiver", begründet Petzold den Hamburger Hang zum Abheben. Zudem gibt es in der Stadt relativ viele Geschäftsleute, die häufig per Jet auf Dienstreise gehen.

Die Tatsache, dass Hamburg beim Autoverkehr etwas unter dem nationalen Niveau liegt, könne die Vielfliegerei bei Weitem nicht ausgleichen, so Petzold: "Jeder Flugpassagier emittiert pro zurückgelegtem Kilometer mehr als doppelt so viel Kohlendioxid wie ein Autoinsasse." Jochen Menzel vom Zukunftsrat, der morgen die Ergebnisse vorstellen wird, empfiehlt, unverzichtbare Flüge zumindest über Organisationen wie Atmosfair durch Klimaschutzprojekte ausgleichen zu lassen.

Die Naturfläche, die gebraucht wird, um den CO2-Ausstoß der Stadt zu neutralisieren, macht mit 52 Prozent den Löwenanteil des Fußabdrucks aus. Hier spielt erwartungsgemäß die Mobilität die Hauptrolle. An zweiter Stelle steht das Wohnen. Der Energieverbrauch der Hamburger Haushalte liegt unter dem Bundesdurchschnitt, der Stromverbrauch jedoch 28 Prozent höher. Der Elektrifizierungsgrad sei in einer Großstadt deutlich höher als in Kleinstädten oder auf dem Lande, argumentiert Jochen Menzel. "Nehmen Sie die Kommunikation: Es gibt schnellere Datennetze, bessere Verbindungen, die entsprechend intensiver genutzt werden." Auch Jan Petzold sieht den Grund in der stärker ausgebauten Infrastruktur der Ballungsräume, inklusive Straßenbeleuchtung.

Auffällig gut schneidet die Stadt beim Güterkonsum ab. Doch beide Fachleute betonen, dass hier die Berechnung problematisch sei. "Für die regionale Betrachtung fehlen uns in diesem Bereich die Datengrundlagen, die auf nationaler Ebene die Statistik liefert", sagt Petzold. Er spricht von "schwierigen Zahlen", die vor allem deshalb für Hamburg günstig ausfallen, weil die Stadt viele Güter exportiert. Das Ergebnis lasse sich nur schlecht auf individuelle Personen verteilen, so Petzold - ein aufwendiger Konsumstil des Einzelnen ist kaum mit Exportschlagern "made in Hamburg" aufzuwiegen.

Gemessen an einem gerade noch erdverträglichen Fußabdruck von 1,78 gha lebt die ehemalige EU-Umwelthauptstadt weit über ihre Verhältnisse. Deshalb appelliert der Zukunftsrat an die Bürger, ein wenig leichtfüßiger zu werden, etwa indem sie ihren Fleischkonsum senken oder vom Flugzeug und Auto auf Bahn, Bus oder das Fahrrad umsteigen. Von der Hamburger Politik wünscht sich Menzel, dass sie ihre Bürger besonders bei der Mobilität stärker unterstützt, einen umweltfreundlicheren Kurs einzuschlagen.

Die Präsentation des Zukunftsrats: Morgen, 18 Uhr, in der Staats- und Universitätsbibliothek, Von-Melle-Park 3