Erkrankungen von Magen und Darm, Leber und Bauchspeicheldrüse sind das Thema eines Kongresses in Hamburg. 4000 Spezialisten vor Ort.

Hamburg. Hepatitis, Verstopfung, Entzündungen der Bauchspeicheldrüse und Lebertransplantationen: Erkrankungen der Bauchorgane stehen im Mittelpunkt des Kongresses "Viszeralmedizin 2012", der vom 19. bis zum 22. September im CCH stattfindet. Die Veranstalter erwarten mehr als 4000 Magen-Darm-Spezialisten, Endoskopie-Experten, Chirurgen und Ärzte aus anderen Fachrichtungen, wie zum Beispiel Ernährungsmediziner und Kinderärzte, um den neuesten Stand der Forschung sowie neue Methoden in Diagnostik und Therapie zu diskutieren. Einige der Schwerpunktthemen des Kongresses präsentierten sie gestern der Öffentlichkeit.

Neue Mittel bei Verstopfung

So geht es auch um die chronische Verstopfung. "Das ist ein häufiges Problem, das oft bagatellisiert wird", sagte Dr. Viola Andresen von der Medizinischen Klinik des Israelitischen Krankenhauses in Hamburg. Ein großer Teil der Patienten komme mit den normalen Hausmitteln nicht aus. Die Medizinerin wies darauf hin, dass Patienten mit chronischer Verstopfung durchaus längerfristig Abführmittel nehmen können, wenn sie diese gut vertragen und in Maßen einsetzen.

Grundsätzlich sei bei allen Patienten eine Basisdiagnostik notwendig, um bestimmte Erkrankungen als Ursache für eine Verstopfung auszuschließen. Neben speziellen Maßnahmen bei Entleerungsstörungen erfolgt die Behandlung der Verstopfung dann nach einem Stufenkonzept. Dieses reicht von einem Lebensstil mit viel körperlicher Bewegung, ballaststoffreicher Ernährung und ausreichend Flüssigkeit über Medikamente bis hin zu chirurgischen Maßnahmen, wenn alle Medikamente nichts nützen. Zur Therapie sind auch neue Medikamente in Sicht, die die Sekretion von Wasser und Salzen in den Darm anregen und ihn so in Schwung bringen. Diese Mittel sind aber bisher in Deutschland noch nicht zugelassen.

Therapiestrategie bei Entzündung der Bauchspeicheldrüse hat sich verändert

Diskutiert wird auf dem Kongress auch die Therapie der akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung. "Sie wird häufig durch Gallensteine oder durch Alkoholkonsum ausgelöst und nimmt in 85 bis 90 Prozent der Fälle einen milden Verlauf", sagte Prof. Peter Layer, einer der Kongresspräsidenten und Ärztlicher Direktor des Israelitischen Krankenhauses. Das bedeutet, die Patienten haben zunächst starke Bauchschmerzen, aber nach einer Woche ist die Erkrankung meist wieder ausgeheilt. In zehn bis 15 Prozent der Fälle verläuft die Erkrankung aber sehr schwer, das heißt, es kommt zu ausgedehnten Gewebezerstörungen in der Bauchspeicheldrüse, die Betroffenen leiden unter zahlreichen Komplikationen und müssen auf der Intensivstation behandelt werden. Die Hälfte dieser Patienten stirbt an der Erkrankung.

+++Infos für Patienten+++

"Bei der Therapie dieser schweren Form hat sich ein Paradigmenwechsel ergeben. Früher hat man die Patienten früh operiert, um die zerstörten Areale in der Bauchspeicheldrüse zu entfernen. Heute versucht man, die Patienten möglichst ohne Operation zu stabilisieren", sagte Layer. Ist ein Eingriff unumgänglich, sollte er möglichst spät und möglichst schonend durchgeführt werden. "Mit dieser Vorgehensweise lässt sich die Sterblichkeit auf unter 20 Prozent senken", sagte Layer. "Bei solchen Patienten müssen Chirurg und Internist täglich am Bett des Patienten neu diskutieren, wann ein Eingriff nötig ist", ergänzte Prof. Stefan Post, Kongresspräsident und Direktor der Chirurgischen Uniklinik Mannheim.

Heilungschancen bei Hepatitis C sind deutlich gestiegen

Verbessert haben sich auch die Behandlungsmöglichkeiten der chronischen Leberentzündungen Hepatitis B und C. "Am größten sind die Fortschritte bei Hepatitis C", sagte Prof. Ansgar Lohse, Direktor der I. Medizinischen Klinik am Universitätsklinikum Eppendorf. Mit neuen Medikamenten, die in verschiedenen Kombinationen gegeben werden, könnte mehr als die Hälfte der Patienten geheilt werden. Diese Therapie dauert zwischen 24 und 48 Wochen.

"Bei der Hepatitis B können wir sehr effektiv die Viren unterdrücken", sagt Lohse weiter. Mit der medikamentösen Therapie, die dauerhaft durchgeführt werden muss, könne man erreichen, dass die Lebererkrankung nicht fortschreitet. Zum Schutz vor Hepatitis B gibt es schon seit Jahren eine Impfung. Gegen die Hepatitis C ist nach wie vor kein Impfstoff in Sicht. Das liegt daran, dass das Virus, ähnlich wie das HI-Virus, sehr wandlungsfähig und damit nur schwer angreifbar ist.

Jedes Jahr sterben 200 Menschen, die auf eine Spenderleber warten

Für viele Menschen mit schweren Lebererkrankungen ist die Transplantation eines Spenderorgans lebensrettend. Doch der Mangel an Spenderorganen ist nach wie vor groß. 2011 erhielten 1199 Menschen in Deutschland eine neue Leber. Doch für viele Menschen kommt die Hilfe zu spät. "Jedes Jahr sterben etwa 200 Menschen, die auf der Warteliste für eine Spenderleber stehen", sagt Prof. Wolf O. Bechstein, Vorsitzender der Deutschen Transplantationsgesellschaft und Direktor der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt. Im Moment werde eine Spenderleber vor allem nach Dringlichkeit vergeben. Erforderlich sei aber angesichts des Mangels an Spenderorganen auch eine öffentliche Diskussion über die Verteilungskriterien.