Hamburger Forscher untersuchen die Auswirkungen der Temperaturunterschiede in den unterschiedlichen Schichten der Atmosphäre

Für Galilei waren es vorbeiziehende Wolken, andere Astronomen hielten sie für Schlackehaufen: Dunkle Flecken auf der Sonne sind seit dem 17. Jahrhundert gut dokumentiert. Später entdeckten Wissenschaftler, dass die Sonnenflecken im Rhythmus von elf Jahren häufiger werden, und die Sonne dann auch stets stärker strahlte. Da jedoch die mittleren Schichten der Atmosphäre den Großteil dieser Strahlung abfangen, kann sich der Effekt kaum auf Wetter und Klima auswirken. Oder?

"Der Schwanz wedelt doch nicht mit dem Hund", heißt es unter Meteorologen, wenn sie Wechselwirkungen verschiedener Schichten der Atmosphäre beschreiben. Der "Hund", das sind die unteren zehn Kilometer über dem Erdboden - die sogenannte Troposphäre - in der sich Wetter und Klima hauptsächlich abspielen. Sie beeinflusst die darüberliegenden Schichten massiv. Umgekehrt dachte man lange Zeit, dass die mittleren und oberen Schichten kaum nach unten wirken. Am KlimaCampus konnten wir nun doch einen indirekten Einfluss nachweisen - der "Hund" hat also nicht allein das Sagen.

In Jahren erhöhter Sonnenaktivität erwärmt sich die Luft in 50 Kilometer Höhe um ein bis zwei Grad Celsius. Am Boden steigt die Temperatur dagegen nur um rund 0,1 Grad. Die zusätzliche Strahlung hat nur geringen Einfluss auf die mittlere Temperatur am Boden, weil sie nahezu komplett in der mittleren und oberen Atmosphäre absorbiert wird. Regional treten allerdings deutliche Effekte auch in Bodennähe auf - in eben diesem Elf-Jahres-Rhythmus.

Diese genau zu verstehen und mithilfe von Rechenmodellen zu simulieren ist mein Ziel. Eine komplexe Aufgabe mit vielen "Mitspielern". Zum Beispiel der zirkulierende Wind über dem Nordpol: Dieser sogenannte Polarwirbel beeinflusst Wetter und Klima stark. In diesen Breiten wirkt sich die erhöhte Sonnenaktivität viel schwächer aus, da ja an den Polen grundsätzlich weniger Strahlung eintrifft. Dadurch verstärkt sich der bestehende Temperaturunterschied zwischen der Luft am Äquator und an den Polen, was wiederum den Polarwirbel kräftigt - ein Motor für wärmere Winter in Europa.

Gleichzeitig verlangsamen sich bei erhöhter Sonnenaktivität die großen Zirkulationsbewegungen in der mittleren Atmosphäre. Dadurch erwärmt sich die Luft der Tropen in etwa 20 Kilometer Höhe. Dies beeinflusst wiederum subtropische Winde in Bodennähe und damit das regionale Wetter in tropischen Breiten. Unser Fazit: Ein Signal der Sonne aus etwa 50 Kilometer Höhe, der "Hundeschwanz" sozusagen, erzeugt tatsächlich einen Effekt in der viel tiefer gelegenen Troposphäre. Beides konnten wir jetzt erstmals im Rechenmodell stimmig verknüpfen. In Jahren mit vielen Sonnenflecken werden also durchaus Wetter und Klima regional beeinflusst. Zur fortschreitenden Erwärmung der Erde trägt dieser Effekt allerdings nicht bei, dafür ist sein Einfluss auf die globale Durchschnittstemperatur viel zu gering.

Alle bisher veröffentlichten Folgen aus der Rubrik "Neues vom KlimaCampus" zum Nachlesen: www.abendblatt.de/klimacampus