Groér Erfolg: Vollgepackt mit ausgefeilter Technik – auch aus Deutschland – hat der Nasa-Rover „Curiosity“ auf dem Mars aufgesetzt.

Washington. Mit einem spektakulären Manöver ist das Roboterfahrzeug „Curiosity“ sanft auf dem Mars gelandet. Im Kontrollzentrum der US-Raumfahrtbehörde Nasa im kalifornischen Pasadena brach nach dem Aufsetzen des Rovers um 07:32 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit am Montag minutenlanger Jubel der Erleichterung aus. „Das ganze Team ist außer sich“, sagte Nasa-Manager Peter Theisinger. „Es ist ein unglaubliches Gefühl.“ Viele Forscher hatten Tränen in den Augen. Auch bei der Europäischen Raumfahrtagentur Esa in Darmstadt und an der mit einem Strahlenmessgerät beteiligten Universität Kiel gab es viel Beifall und strahlende Raumfahrt-Experten.

Die Landung sei besser gelaufen als erwartet, sagte der Nasa-Ingenieur Adam Steltzner, der gemeinsam mit einem Team das komplizierte Manöver entwickelt hatte, bei einer Pressekonferenz nach dem Aufsetzen des Rovers. „Die äußeren Bedingungen auf dem Mars waren etwas freundlicher als wir erwartet hatten. Es war eine wunderschöne Landung.“ Zudem seien noch rund 140 Kilogramm Reservetreibstoff an Bord. „Und ich hatte im Vorfeld immer Angst, dass wir nicht genug Treibstoff haben werden.“ Auf dem Mars braucht „Curiosity“ den Treibstoff nicht mehr, denn der Rover wird mit einer Atombatterie betrieben. Rund zwei Jahre lang soll das sechsrädrige Roboterfahrzeug auf dem Roten Planeten nun nach Spuren von Leben suchen.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) gratulierte der Nasa: „Mit der Landung des Großroboters „Curiosity“ hat die Nasa ein neues Kapitel der Raumfahrtpolitik aufgeschlagen.“ Zugleich verwies er auf die Technik für „Curiosity“ aus Deutschland. So war neben dem Strahlungsmessgerät Rad (Radiation Assessment Detector) aus Kiel und Köln auch Software des Siemens-Konzerns zur Entwicklung des Rovers geliefert worden. Die Firma Sensitec aus dem hessischen Lahnau baute magnetische Sensoren zur Überwachung der Räder, der Roboterarme und der Antenne. Die europäische Sonde „Mars Express“ markierte den Landepunkt mit einer hochauflösende Stereokamera HRSC des Unternehmens Astrium in Friedrichshafen am Bodensee.

„Jetzt haben sie einen funkelnagelneuen Wagen da oben stehen, ganz so, als hätten sie ihn gerade beim Autohändler gekauft“, meinte Michel Denis von der Europäischen Raumfahrtagentur Esa. Die Esa hatte die Landung mit Hilfe von „Mars Express“ überwacht. „Curiosity“ hat mit rund 900 Kilogramm das Gewicht eines älteren Kleinwagens – und ist damit mehr als viermal so schwer wie seine Vorgänger „Spirit“ und „Opportunity“.

+++Für die nächsten zwei Jahre gilt: Mars hat Mobil+++

+++Die Reise zum Mars+++

„Wenn man sich vorstellt, was alles hätte schiefgehen können, dann fällt einem schon ein gewaltiger Stein vom Herzen“, sagte der deutsche Astronaut und Esa-Direktor für Bemannte Raumfahrt und Missionsbetrieb, Thomas Reiter, in Darmstadt. „Curiosity“ ist mit rund 1,9 Milliarden Euro die teuerste und gleichzeitig auch die technisch ausgefeilteste Mission, die je zum Roten Planeten geschickt worden ist.

Reiter packt zugleich das Fernweh. „Natürlich könnte ich mir vorstellen, selbst bei einer Mars-Mission mitzumachen“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Allerdings sei das bloße Theorie: „Da sind noch viele technische Probleme zu lösen, sei es die Reisezeit von mehr als zwei Jahren für den Hin- und Rückweg, sei es der Strahlenschutz.“ Er versichert jedoch: „In zwei oder drei Jahrzehnten wird ein Mensch auf dem Mars stehen, daran habe ich keine Zweifel.“ Die zentrale Frage der Mars-Forschung sei weiterhin die nach dort möglichem Leben. „Es könnte ... Einzeller geben, Viren oder Bakterien, vielleicht auch nur deren Reste, die aber beweisen, dass Leben auf dem Mars vor einer gewissen Zeit einmal existiert hat.“

Nur wenige Minuten nach der Landung erreichten erste von „Curiosity“ auf dem Mars geknipste Fotos die Erde. Auf den sehr gering aufgelösten Bildern der Nasa ist der steinige Boden des Planeten, ein Schatten des Roboters und viel Staub zu sehen, den der Rover bei seiner Landung aufgewirbelt hat.

US-Präsident Barack Obama lobte die Landung als eine „beispiellose Technologie-Leistung“. „Heute haben die USA auf dem Mars Geschichte geschrieben“, sagte Obama einer Mitteilung zufolge. Die Landung des Roboterfahrzeugs werde in der Zukunft als „Argument des Nationalstolzes“ dienen. „Die Räder von ’Curiosity’ haben heute den Weg frei gemacht für menschliche Fußstapfen auf dem Mars“, sagte Nasa-Direktor Charles Bolden. „Das ist eine unglaubliche Errungenschaft.“

In einem Hörsaal der Universität Kiel verfolgten fast 500 Zuschauer die Live-Übertragung der Nasa. Das „Curiosity“-Messgerät „Made in Kiel“ ist etwas kleiner als ein Schuhkarton und nur gut anderthalb Kilo schwer. Der sogenannte Radiation Assessment Detector verbraucht weniger Strom als eine Energiesparlampe, seine Aufgabe: Verschiedene Arten von Strahlen zu messen. Die Kieler Universität habe nun eine Außenstelle auf dem Mars, freute sich der Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät, Prof. Wolfgang J. Duschl.

Chronologie bisheriger Marsmissionen

Um den Mars zu besuchen, hat die Menschheit Dutzende Versuche gestartet. Doch nur wenige waren erfolgreich.

4. November 1962: Die Sowjetunion startet mit „Sputnik 24“ den ersten Landeversuch auf dem Roten Planeten. Die Sonde zerbricht aber kurz nach dem Start und verglüht im Januar 1963 in der Erdatmosphäre.

27. November 1971 : Das Landemodul der sowjetischen Raumsonde „Mars 2“ zerschellt an der Oberfläche des Roten Planeten. Es ist das erste menschengemachte Objekt auf dem Mars.

2. Dezember 1971: Dem Landemodul der sowjetischen Raumsonde „Mars 3“ gelingt die erste weiche Landung auf dem Roten Planeten, nach 20 Sekunden versagen jedoch seine Instrumente. 9. März 1974: Das Landemodul der Sowjet-Sonde „Mars 7“ verfehlt den Planeten um 1300 Kilometer, vermutlich durch einen Computerfehler.

20. Juli 1976: Die Landekapsel der US-Sonde „Viking 1“ landet weich auf dem Mars. Mehr als sechs Jahre sendet sie Bilder und Daten. 3. September 1976: Das Landemodul der amerikanischen „Viking 2“-Sonde setzt weich auf dem Roten Planeten auf. Es funkt rund dreieinhalb Jahre lang Bilder und Daten.

17. November 1996: Die russische Raumsonde „Mars 96“ stürzt nach einem fehlerhaften Start samt Mars-Einschlagmodulen in den Pazifik. 4. Juli 1997: Die US-Sonde „Pathfinder“ landet auf dem Mars und liefert spektakuläre Bilder. Mit dem Roboter „Sojourner“ erkundet erstmals ein ferngesteuertes Fahrzeug einen anderen Planeten.

25. Dezember 2003 : Der Landeroboter „Beagle 2“ der europäischen Sonde „Mars-Express“ wird auf der Oberfläche abgesetzt, sendet aber keine Funksignale. 4. Januar 2004: Der US-Landeroboter „Spirit“ erreicht den Mars. Drei Wochen später landet sein Zwilling „Opportunity“, der noch immer die Oberfläche erkundet. Der Kontakt zu „Spirit“ bricht im März 2010 ab.

26. Mai 2008: Die US-Marssonde „Phoenix“ setzt weich am Nordpol des Roten Planeten auf. Mittels Bodenproben können Nasa-Forscher zwei Monate später Wasser auf dem Planeten nachweisen. Seit November 2008 ist „Phoenix“ nicht mehr in Betrieb.

26. November 2011: Der neue Rover „Curiosity“ wird auf die Reise zum Mars geschickt. Februar 2012: Nasa-Chef Charles Bolden gibt bekannt, dass die US-Weltraumbehörde aus Spargründen aus zwei gemeinsam mit der Europäischen Raumfahrtbehörde Esa geplanten Marsmissionen aussteigt. Dazu gehört eine für 2018 geplante Landung eines Rovers auf dem Planeten, der Gesteine und Boden zur späteren Beförderung auf die Erde sammeln soll. 6. August 2012: Der Nasa-Rover „Curiosity“ landet auf dem Planeten.

(dpa/abendblatt.de)