Nur 16 Monate nach Veröffentlichung des 3DS bringt Nintendo eine XL-Version seiner Spielkonsole auf den Markt. Das Abendblatt hat getestet.

Hamburg. Es ist noch Luft nach oben. Während der 2005 erschienene Nintendo DS mit mehr als 152 Millionen verkauften Exemplaren die zweiterfolgreichste Spielkonsole aller Zeiten ist, hinkt der 3DS dem Welterfolg deutlich hinterher. 18,51 Millionen Käufer ließen sich bislang vom 3-D-Effekt ohne Brille überzeugen. Das reicht derzeit nur für Platz 16 in der ewigen Bestenliste. Nun soll es, nur 16 Monate nach Erscheinen des 3DS, die XL-Version der mobilen Spaßmaschine richten. Die beiden Bildschirme, denen der Double Screen, kurz DS, seinen Namen verdankt, sind mit 4,88 und 4,18 Zoll gut 90 Prozent größer als beim Vorgängermodell. Auch beim 3DS XL werden auf dem oberen bewegte dreidimensionale Bilder angezeigt, während der untere auf Berührungen reagiert und neben der 2-D-Darstellung auch der Steuerung dient. Aber ist größer auch automatisch besser?

Der Neuzugang in der DS-Familie liegt schwerer in der Hand als das Vorgängermodell. 336 Gramm, gut 100 Gramm mehr, das macht sich bei längeren Spielsessions durchaus bemerkbar. Im Gegensatz zu modernen Smartphones ist die Nintendo-Konsole primär zum Spielen gemacht. Die 3-D-Fotofunktion ist eine spaßige Beigabe; Downloadvideos, beispielsweise über eine Eurosport-App, sind nicht viel mehr als eine nette Unterhaltung zwischendurch. Und die Netzwerkfähigkeit dient in erster Linie dem Herunterladen von Spielinhalten sowie für die Verbindung zwischen Spielern via W-LAN. Eine Verbindung ins Mobilfunknetz, wie sie etwa mit der 3G-Version der Playstation Vita möglich ist, baut auch der neue 3DS nicht auf. Um mit anderen Spielern in der Nähe oder weltweit online spielen zu können, wählt man sich also in ein W-LAN-Netzwerk ein. Auf den ersten Blick wirkt das Gehäuse, bei dem auf edle Effektlackierungen verzichtet wurde, eher schlicht. Auf den zweiten Blick fällt die gute Verarbeitung der einzelnen Bestandteile ins Auge. Das eher kantige Äußere des 3DS ist sanften Rundungen gewichen, durch die der 3DS XL auch nach dem Aufklappen besser in der Hand liegt. Bedienelemente wie der Regler zur Anpassung des 3-D-Effekts sind besser ins Gehäuse integriert, die Bedienelemente unterhalb des Touchscreens sind nun richtige Tasten statt der bisherigen, nicht ganz leicht zu treffenden Schaltflächen.

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Trotz der größeren Bildschirme gibt der Hersteller eine Akkulaufzeit von bis zu 6,5 Stunden an. Bisher waren es maximal fünf Stunden. Der Energieverbrauch weicht zwar je nach Anwendung und Helligkeitseinstellung stark ab. Im Test beweist der XL aber tatsächlich ein beachtliches Durchhaltevermögen. Auch die Verbindung ins heimische W-LAN steht merklich schneller.

Der Grund dafür scheint aber primär in dem kürzlich erfolgten Software-Update zu liegen, denn auch ältere DS-Modelle gehen im Paralleltest schneller ins Netz als bisher. Jedenfalls lassen sich Webseiten über den integrierten Browser nun schneller laden, Spiele und Videos werden aus dem Nintendo eShop flott heruntergeladen. Nintendo liefert eine vier GB große SD-Speicherkarte mit - das ist doppelt so viel Platz für Spielstände und Downloads wie beim 3DS. Ein Ladekabel fehlt dagegen. Wer vorher keinen DSi oder 3DS besessen hat, muss dafür also noch einmal rund zehn Euro ausgeben.

Spätestens nach dem Starten des ersten Spiels ist der Ärger darüber schnell verflogen. Auf dem oberen Bildschirm wirkt die 3-D-Darstellung eindrucksvoller als je zuvor. Zudem ist das Bild selbst schräg von der Seite noch recht gut erkennbar, auch wenn aus ungünstiger Perspektive und besonders bei maximalem 3-D-Effekt nach wie vor irritierende Doppelbilder entstehen können. Der 3-D-Bildschirm wurde zudem besser entspiegelt, was das Spielen im Freien angenehmer macht.

Auch wenn sich die Auflösung nicht erhöht hat, das Bild lediglich auf das größere Format hochgerechnet wird, sind Bilddetails und kleine Schriften nun besser zu erkennen - eine Wohltat für die Augen. Auf dem unteren Touchscreen eingeblendete Steuerelemente sind aufgrund ihrer Größe leichter zu treffen, Eingabefehler werden minimiert. Auch Texteingaben über die virtuelle Tastatur gehen deutlich besser von der Hand. Im Zusammenspiel vermitteln die Bildschirme viel stärker als bisher das Gefühl, mitten im Spielgeschehen zu stehen.

Die XL-Version des 3DS wirkt insgesamt ausgereifter als der Vorgänger. Die verbesserte Detaildarstellung und leichtere Bedienbarkeit kommen besonders jüngeren und älteren Spielern entgegen - zwei wichtige Zielgruppen der Konsole. Kreativ-Software wie beispielsweise das Malprogramm "Art Academy" entfaltet erst auf den großen Bildschirmen ihr volles Potenzial.

Passionierte Spieler werden das Fehlen einer weiteren Steuereinheit auf der rechten Seite bemängeln. Diese lässt sich beim 3DS nachrüsten, beim 3DS XL passt das entsprechende Zubehör wegen des größeren Gehäuses nicht. Das "Schiebepad Pro" wird sicher auch für die XL-Konsole erscheinen, wirklich nachvollziehbar ist der Verzicht auf einen Einbau ab Werk nicht.

Nintendos Waffen gegen die zunehmende Konkurrenz durch spielfähige Handys und Tablet-PC sind 3-D und eine ausgereifte, allein auf Spiel und Spaß ausgelegte Hardware. Für knapp 200 Euro bekommt der Käufer eine vielseitige Spielkonsole mit Fotofunktion und Internetzugang. Um Nachschub an guten Spielen muss man sich bei Nintendo traditionell keine Sorgen machen. Denkspiele wie "Professor Layton 5", sichere Hits wie "New Super Mario Bros. 2" oder "Micky Epic: Macht der Fantasie" (Disney) sowie Erwachsenen-Titel wie das Grusel-Epos "Castevania: Lords of Shadow - Mirror of Fate" (Konami) laufen zwar auch auf dem 3DS, machen aber beim größeren Bruder einfach mehr her. Und natürlich passen in die neue Konsole auch ältere DS-Module, die dann allerdings nicht dreidimensional angezeigt werden.

Wer schon einen 3DS hat, muss nicht unbedingt umsteigen. Alle anderen finden in der mit 199 Euro um 30 bis 45 Euro teureren XL-Ausgabe aber die eindeutig bessere Hardware.