Weltkongress über Erkrankungen der Netzhaut tagt in Hamburg

Hamburg. "Das Tor zum Sehen" - Das ist das Motto eines Weltkongresses, der an diesem Wochenende mit mehr als 600 Teilnehmern in Hamburg stattfindet. Mit dem Titel will der Veranstalter, die Selbsthilfeorganisation Retina International, deutlich machen, dass es bei degenerativen Erkrankungen der Netzhaut viele neue therapeutische Ansätze gibt, die zurzeit in Studien geprüft werden. So stellen Experten auf dem Kongress Gentherapien gegen mehrere erbliche Netzhauterkrankungen vor.

"Wir wissen heute, dass mindestens 60 bis 70 Gene an der Entstehung einer Retinitis pigmentosa beteiligt sind", sagte Prof. Andreas Gal, Tagungspräsident und Leiter des Instituts für Humangenetik am Uniklinikum Eppendorf. Bei dieser Erkrankung werden die Fotorezeptoren in der Netzhaut zerstört, sodass das Sehvermögen immer mehr nachlässt und die Betroffenen schließlich erblinden. Es gibt verschiedene Unterformen der Erkrankung, bei denen der Defekt in unterschiedlichen Genen liegt. Für eine Form, die Lebersche kongenitale Amaurose, gebe es bereits mehrjährige Erfahrungen mit der Gentherapie. Dabei wird das defekte Gen durch ein intaktes ersetzt, das in die Netzhautzellen eingeschleust wird.

Fortschritte gibt es auch bei der medikamentösen Therapie dieser Unterform. "Man kann auch den Stoff ersetzen, der aufgrund des Gendefektes fehlt", sagte Prof. Hendrik Scholl von der Johns Hopkins University in Baltimore. Ein Medikament werde zurzeit in Studien getestet und könnte in zwei bis drei Jahren auf den Markt kommen.

Neue Ergebnisse gibt es auch bei der Altersabhängigen Makuladegeneration (AMD), bei der der Punkt des schärfsten Sehens auf der Netzhaut zugrunde geht. Die Folge ist ein Verlust des zentralen Sehvermögens, der sich immer weiter ausbreitet. Bei der feuchten Variante der AMD, bei der sich neue Blutgefäße unter der Netzhaut bilden, werden Substanzen ins Auge gespritzt, die das Wachstum dieser Gefäße hemmen. "Diese Therapie ist sehr erfolgreich", berichtete Prof. Frank Holz von der Augenklinik der Uni Bonn. Aber eine Studie habe gezeigt, dass die Therapie nicht oft genug eingesetzt werde. Ein Patient brauche etwa acht Spritzen im Jahr. "In Deutschland bekommen die Patienten im Durchschnitt aber nur vier Therapien", sagte Holz. Auch für die trockene Form der AMD gibt es jetzt Behandlungsansätze. Sie zielen darauf ab, die Ansammlung von giftigen Abfallprodukten des Stoffwechsels in der Netzhaut zu verhindern.