Die Suche nach der zweiten Erde – wie Forscher auf Exoplaneten Spuren außerirdischen Lebens entdecken wollen

Dublin/Hamburg. Sind wir allein im All? Ja, hieß es lange - bis Astronomen vor 20 Jahren in den Tiefen des Universums erstmals Objekte entdeckten, die Lichtjahre entfernt um einen Stern kreisen wie die Erde um die Sonne. 777 dieser extrasolaren Planeten, kurz: Exoplaneten, sind bis heute erfasst worden, vermutlich nur ein Bruchteil aller Objekte dieser Art: Aktuelle Forschungsergebnisse legen nahe, dass allein in unserer Galaxie bis zu 300 Milliarden Sterne existieren - und dass mindestens jede zweite dieser Sonnen einen Planeten als Begleiter hat. "Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis wir eine zweite Erde finden werden", sagt Dr. Klaus Huber.

Der Astrophysiker der Hamburger Sternwarte gehört zu der wachsenden Forscherschar, die mit Riesenteleskopen wie dem Calar-Alto-Observatorium im Süden Spaniens nach Exoplaneten sucht. "Es geht um eine der ganz großen Fragenstellungen", sagt er. "Wie entwickelt sich Leben? Ist es besonderen Umständen zu verdanken, dass wir auf der Erde entstanden sind, war es ein Zufall - oder passiert das Gleiche noch anderswo im Universum?"

Der Aufbau unseres Sonnensystems erscheint logisch: Eng um unser Zentralgestirn kreisen kleine Planeten aus überwiegend festem Gestein, wie Merkur und Venus - sie halten der Hitze stand (Gasplaneten würden sich durch die Hitze schnell verflüchtigen). Die Erde ist gerade so weit entfernt, dass ihr weder zu kalt noch zu warm wird, deshalb besitzt sie nicht nur Gase und Eis, sondern auch flüssiges Wasser - die Grundlage allen Lebens, wie wir es kennen. Die weit entfernten Planeten wie Jupiter und Saturn sind aus Gas, groß und eiskalt. Zeigt sich diese Anordnung auch anderswo im Universum? Bis vor einigen Jahren hatten Astronomen erst einzelne Exoplaneten entdeckt, die um einen Stern kreisen, doch zuletzt spürten sie ganze Planetensysteme auf, die um eine oder gar um zwei Sonnen kreisen. "Dabei zeigten sich verblüffende Unterschiede zu unserem Sonnensystem", sagt Prof. Heike Rauer. Die Astrophysikerin vom Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Berlin referierte gestern auf der Europäischen Wissenschaftskonferenz in Dublin über die neuesten Erkenntnisse.

Ihr zufolge gibt es zum Beispiel im Universum Gasplaneten ähnlich wie Jupiter, die etwa 1000 Grad heiß sind und in wenigen Tagen ihren Stern umrunden, also sehr nah an ihm dran sind. Zum Vergleich: Der Jupiter braucht für eine Sonnenumrundung zwölf Jahre; an seiner Oberfläche sinken die Temperaturen weit unter minus 100 Grad. Eine weitere Erkenntnis: Einige Exoplaneten sind Zwitter, sie setzen sich aus festem Material, Gas und Eis zusammen - im Gegensatz zu den Planeten unseres Sonnensystems, die überwiegend in einem Aggregatzustand auftreten. "All das lässt darauf schließen, dass sich Leben auf Exoplaneten - so es denn existiert - stark von dem auf der Erde unterscheiden könnte", sagt Rauer.

Die Suche sei jedoch so, als ob jemand über Botanik forschen wolle und nur eine Blume kenne: "Wir wissen nicht, wie dieses Leben aussehen könnte. Deshalb suchen wir nach Hinweisen auf Leben, wie wir es kennen. Zugleich versuchen wir, mehr über Entstehung und Zusammensetzung von Exoplaneten zu erfahren - und damit über die Entstehung alternativer Sonnensystemen und Lebensformen."

Dabei können die Forscher vorerst nur auf Licht zurückgreifen, das Sterne wie die Sonne ausstrahlen, sowie auf sogenanntes transmittiertes Licht, das entsteht, wenn das Licht eines Sterns durch die Atmosphäre eines Planeten wandert und dabei quasi Kennzeichen des Planeten aufnimmt. Direkt sehen können die Forscher Exoplaneten bisher nicht, weil die räumliche Auflösung aktueller Teleskope nicht ausreicht, um die Planeten und ihre Sterne getrennt darzustellen. Letztere leuchten mindestens 100 000-mal stärker als ihre Trabanten und überstrahlen diese.

Die bekannten Exoplaneten sind deshalb nur indirekt nachgewiesen worden, etwa durch die Radialgeschwindigkeitsmethode. Diese macht sich folgendes Phänomen zunutze: Während ein Planet seinen Stern umkreist, ziehen sich beide an. Zwar ist die Kraft des Sterns stärker und hält den Planeten auf seiner Bahn, dennoch schafft es der Planet, den Stern zum "Wackeln" zu bringen. Diese minimalen Abweichungen sind messbar - ein Beleg für die Existenz des Trabanten.

Parallel nutzen Forscher die Transitmethode. Dabei misst ein sogenanntes Fotometer in einem Teleskop, wie viel Licht von einem bestimmten Stern auf der Erde ankommt. Wandert der mutmaßlich vorhandene Begleiter vor dem Stern vorbei, erscheint der Stern dunkler, es kommt weniger Licht an. Aus dem Spektrum des transmittierten Lichts, also den verschiedenen Wellenlängen, können Forscher Hinweise auf Elemente wie Sauerstoff sowie auf Wasserdampf und Methan herausfiltern. Auf vier von 777 Exoplaneten könnte demnach Wasser existieren, allerdings handelt es sich bei allen Kandidaten um Gasplaneten. Zumindest Leben, wie wir es kennen, ist dort unwahrscheinlich.

Mehr Licht ins Dunkel bringen könnte das European Extremely Large Telescope (EELT), das die Europäer derzeit für eine Milliarde Euro in der chilenischen Atacamawüste bauen. Das Herzstück der Anlage von der Größe eines Fußballstadions ist ein Hauptspiegel mit 42 Meter Durchmesser, der bis zu 15-mal mehr Licht einfangen wird, als die besten aktuellen Teleskope. Auf diese Weise soll das EELT bis zu 30 Lichtjahre entfernte, nah beieinanderliegende Objekte getrennt voneinander darstellen und deren Atmosphären nach "Biomarkern" durchsuchen. Damit ist es im Vorteil gegenüber dem geplanten James-Webb-Weltraumteleskop, das besonders empfindlich für infrarotes Licht sein wird - insbesondere Sauerstoff zeigt sich aber vor allem im Spektrum von sichtbarem Licht.

Entdecken die Forscher dann einen festen Planeten, der so groß ist wie die Erde, und in dessen Atmosphäre Wasserdampf und Sauerstoff, so wird trotzdem bis auf Weiteres offen bleiben, ob in der Ferne tatsächlich etwas lebt - und was. Denn noch können wir keine Geräte zu extrasolaren Planeten schicken. Die Nasa-Sonde "Voyager 1" ist nach 35 Jahren Flugzeit gerade einmal bis zum Rand unseres Sonnensystems vorgedrungen. Um den nächstgelegenen Stern Alpha Centauri zu erreichen, der 4,5 Jahre von der Erde entfernt ist, müsste die Sonde etwa 1000 Jahre weiterfliegen.