Details der Versuche werden aus Angst vor Bioterrorismus nicht veröffentlicht

Rotterdam/Wisconsin. Forschern aus den Niederlanden und den USA ist es kürzlich gelungen, das Vogelgrippevirus H5N1 durch genetische Manipulationen so zu verändern, dass die Ansteckungsfähigkeit zwischen Säugetieren - also möglicherweise auch von Mensch zu Mensch - deutlich erhöht wird. Die Wissenschaftler züchteten eine Variante, die sich ganz leicht von Frettchen zu Frettchen übertrug. Ist wie bei den Tieren eine Übertragung auf dem Luftweg möglich, kann das gefährliche Virus auch durch Niesen oder Husten übertragen werden. Bisher wurde es zwar nur selten auf den Menschen übertragen, aber 59 Prozent der bisher bekannten 571 Fälle verliefen tödlich.

Wie das "Deutsche Ärzteblatt" berichtet, haben die Forscher jetzt auf die Veröffentlichung der Details ihrer Versuche in den Wissenschaftsjournalen "Nature" und "Science" verzichtet. Damit geben sie den Forderungen eines US-Gremiums nach, das die Regierung zum Bioterrorismus berät. Das Gremium hatte befürchtet, dass eine solche Veröffentlichung Bioterroristen einen Nachbau des Virus erleichtern könnte.

Die Aufforderung an die Wissenschaftler und die Magazine "Science" und "Nature", Teile der Arbeit nicht zu veröffentlichen, sei keine einfache Entscheidung gewesen, sagte Anthony Fauci, der beim Nationalen Institut für Gesundheit für Infektionskrankheiten zuständig ist. Die Forscher, Ron Fouchier vom Erasmus Medical Center in Rotterdam und Yoshihiro Kawaoka von der University von Wisconsin in Madison, äußerten sich zurückhaltend. Das Erasmus Medical Center teilte mit, das Team sei bereit, der Bitte der US-Regierung zu entsprechen. Zugleich wies die Einrichtung auf die Freiheit der Wissenschaft hin. "So etwas ist noch nie vorgekommen", kommentierte sie die Anfrage. Die University von Wisconsin äußerte sich ähnlich.

"Science"-Chefredakteur Bruce Alberts bestätigte gestern offiziell, dass das Magazin gebeten worden sei, nur einen Teil der Forschungsarbeit zu veröffentlichen. Man habe große Bedenken, die Informationen der Öffentlichkeit vorzuenthalten, erklärte er. Zugleich betonte er, man nehme die Befürchtungen sehr ernst, dass die Daten in falsche Hände geraten könnten. Er rief die US-Behörden auf, ein System zu schaffen, mit dessen Hilfe zumindest Fachleuten die kompletten Forschungsergebnisse zur Verfügung gestellt werden könnten, insbesondere Fachleuten in den von der Vogelgrippe besonders stark betroffenen Gebieten wie China oder Indonesien. Bis es eine solche Möglichkeit gebe, wolle er keine abgespeckte Version der Arbeit veröffentlichen. Auch "Nature"-Chefredakteur Philip Campbell erklärte, dass die kompletten Ergebnisse der Forschungswelt zugänglich gemacht werden müssten. Es werde derzeit diskutiert, wie dies ermöglicht werden könne.

Als Gründe für ihre umstrittenen Experimente nannten die Forscher, so das "Ärzteblatt", "dass die tiefere Kenntnis der Übertragung Ansatzpunkte für neue Medikamente und Impfstoffe biete". Jetzt wird auch diskutiert, wie hoch das Risiko ist, dass gefährliche Erreger aus Sicherheitslaboren nach außen dringen. Wie das "Ärzteblatt" unter Berufung auf "Nature" berichtet, arbeiten beide Forschergruppen in Labors der Schutzstufe 3, die unter anderem vorsieht, dass das Labor baulich abgeteilt ist. Das Risiko, dass Erreger aus Labors der Schutzstufen drei und vier entweichen, sei extrem unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich.