Neue fossile Fischfunde belegen, dass der Mensch schon viel früher auf das offene Meer hinausfuhr. Erfolgte so die Besiedlung Australiens?

Canberra. Schon bei den Steinzeitmenschen stand Thunfisch auf der Speisekarte. Das schließen Sue O'Connor von der National University in der australischen Hauptstadt Canberra und ihre Kollegen aus 42 000 Jahren Fischknochen, die sie auf der Insel Timor im Osten des malaiischen Archipels in Südostasien fanden. Auch weitere entdeckte fossile Fischknochen gehörten zu Hochseearten, die praktisch nie in Küstengewässern unterwegs waren. Daher müssten die Steinzeitfischer auf hochseetüchtigen Booten zum Fang gefahren sein, berichten die Forscher in der Zeitschrift "Science". Mit dieser Indizienkette zeigen sie auch, wie die ersten Menschen vor vermutlich 50 000 Jahren zum ersten Mal nach Australien gekommen sein könnten.

Weil im hohen Norden der Erde damals die Gletscher der Eiszeit viel Wasser enthielten, das vorher aus den Ozeanen verdunstet war, lag der Meeresspiegel bis zu 130 Meter tiefer als heute. Große Teile des Meeresbodens in Südostasien waren trocken gefallen, und die Inselwelt Indonesiens war zu einer großen Halbinsel im Süden Asiens geworden, die Geografen "Sunda" nennen. Weiter im Osten war die Torres-Meeresstraße zwischen Neuguinea und Australien ebenfalls trockenes Land. Aus beiden Landmassen hatte sich der Kontinent "Sahul" gebildet.

Zwischen Sunda und Sahul zog sich damals zwar ein riesiger Bogen von Inseln durch das Meer, die heute die Kleinen Sundainseln genannt werden. Die schmalste Meeresstraße auf dem Weg von Sunda nach Sahul und damit vom asiatischen Festland nach Australien aber war mindestens 70 Kilometer breit. Wie hatten Menschen diese Distanz überwunden? Vielleicht hatte sie ja ein Sturm in einem primitiven Wasserfahrzeug über die Meerenge getrieben? Australien wäre so eher zufällig besiedelt worden.

Die Hälfte der gefundenen Fischarten kommt nur weit draußen im Meer vor

Die neuen Funde in der Jerimalaihöhle im Osten des zu den Sundainseln gehörenden Timor werfen ein ganz anderes Licht auf diesen Teil der Menschheitsgeschichte. Schon bisher kannten Forscher eine Reihe von küstennahen Höhlen in Südafrika und Südostasien, in denen sie neben den Fossilien von Steinzeitmenschen auch viele Überreste von Muscheln, Fischen oder Robben fanden. Alle diese Arten lebten aber in den Küstengewässern. Beim Waten im flachen Wasser oder von einem primitiven Boot aus hätte man diese Beute mit Speeren oder sogar den bloßen Händen erwischen können.

Im Osten der Insel Timor gibt es in den Kalkklippen nahe der Küste viele Hohlräume, einer davon ist die Jerimalaihöhle. Dort fanden die Forscher auch die Überreste vieler Tiere, die von den Steinzeitmenschen verspeist worden waren. Relativ wenige Fossilien stammten von Landtieren, 38 687 Fossilien dagegen gehörten zu den Fischen. Nur 51 Prozent der Arten kommen in Küstengewässern vor, während 49 Prozent Hochseebewohner sind.

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Unsere Vorfahren fuhren 30 000 Jahre früher zur See als gedacht

Während die meisten von ihnen wohl mit Netzen gefischt wurden, fanden die Forscher auch wenige Zentimeter große Angelhaken, die Menschen vor 23 000 bis 16 000 Jahren aus den Schalen von Meeresschnecken hergestellt hatten. Diese Haken taugen zwar kaum für den Fang von Thunfischen und anderen Hochseebewohnern. Die Forscher vermuten aber, dass die Menschen damals auch noch andere Typen von Angelhaken herstellten, die sie auf hoher See auswarfen.

Um aber Netze und Angelleinen weit vor der Küste auszuwerfen, brauchte man hochseetüchtige Boote und gute Seeleute. Diese frühen Hochseefischer wiederum konnten vor mindestens 42 000 Jahren nicht nur die Kleinen Sundainseln besiedeln, auf denen nur wenige große und essbare Landtiere lebten. Die Hochseefischerei brachte ihnen, neben der wichtigen Ergänzung für die Speisekarte, die Möglichkeit, breite Meeresstraßen zu überqueren und Neuland wie den alten Kontinent Sahul und das heutige Australien zu erreichen.

Der Mensch fuhr demnach 30 000 Jahre früher zur See als bisher angenommen.