Erblich bedingte Mutation beeinflusst auch Sinneszellen in der Haut, zeigt eine Studie

Berlin. Ob wir einen Stift in die Hand nehmen oder in der Tasche nach einem Gegenstand suchen - jede Berührung vermittelt uns eine Vielzahl von Informationen. Dabei unterscheiden wir raue und glatte Oberflächen anhand der Vibrationen, die durch Berührungen in der Haut entstehen. Dort produzieren Sinneszellen Signale, die an das Gehirn weitergeleitet werden.

Was dabei im Detail geschieht, war bisher weitestgehend unklar. Jetzt hat ein Team um die Berliner Forscher Matthias Heidenreich und Stefan Lechner herausgefunden, dass die Sinneszellen in der Haut ähnlich funktionieren wie die Haarzellen im Ohr. Über ihre Entdeckung berichten die Forscher im Journal "Nature Neuroscience". Sie untersuchten spanische und niederländische Familien, deren Angehörige an einer erblich bedingten Schwerhörigkeit vom Typ DFNA2 leiden.

Im Ohr schwingen feinste Härchen im Rhythmus der Schallwellen. Durch diese Schwingungen strömen positiv geladene Kalium-Ionen in die Haarzellen. Dieser elektrische Strom erzeugt ein Nervensignal, das zum Gehirn weitergeleitet wird - wir hören. Normalerweise fließen die Kalium-Ionen mithilfe des Eiweißmoleküls KCNQ4 wieder aus den Haarzellen hinaus. Doch bei den Schwerhörigen ist der Kanal durch eine Mutation defekt, deshalb sterben bei ihnen einige Haarzellen nach und nach durch Überlastung ab.

Sowohl bei Tests mit speziell gezüchteten Mäusen, welche die gleichen Mutation trugen, als auch bei den untersuchten Schwerhörigen zeigte sich: Durch den defekten Kanal im Ohr sterben die Tastrezeptoren in der Haut nicht ab, sie reagieren im Gegenteil feinfühliger auf langsame, leichte Reize. Die Forscher vermuten, dass der Kalium-Kanal bzw. dessen Auslassventil wie eine Art Filter funktioniert: Normalerweise dämpft das Auslassventil die Erregbarkeit, dadurch nehmen die Sinneszellen in der Haut nur schnelle, grobe Vibrationen war. Fällt dieser Steuerungsmechanismus aus, führt dies zumindest in der Haut zu einer empfindlicheren Wahrnehmung.