Der Weltklimarat warnt vor steigender Gefahr von Hitze und Starkregen und mahnt Maßnahmen an, die das Risiko reduzieren

Kampala/Hamburg. Die Welt wird zunehmend mit Wetterextremen wie Hitze, Dürre und Überschwemmungen zu kämpfen haben. Dabei liegt es in der Hand der einzelnen Länder, das Schadensrisiko zu begrenzen. Hier sind bislang viele Optionen noch nicht ergriffen worden. Dies ist die Nachricht eines Sonderberichts, den der Weltklimarat der Vereinten Nationen IPCC am Freitag offiziell vorstellte. Die Ausarbeitung ist auch eine Mahnung an die Delegierten des kommenden Uno-Klimagipfels, der am 28. November im südafrikanischen Durban beginnt.

"Unsere Zusammenfassung für politische Entscheidungsträger zeigt Wege auf, wie Katastrophenvorsorge und Anpassungsmaßnahmen helfen können, mit dem wandelnden Klima in einer Welt mit ungleich verteiltem Wohlstand zurechtzukommen", sagt der IPCC-Vorsitzende Rajenda Pachauri. Er spielt darauf an, dass die meisten potenziellen Klimaopfer in Entwicklungsländern leben. In den zurückliegenden vier Jahrzehnten waren 95 Prozent der Toten durch Naturdesaster in Entwicklungsländern zu beklagen. Letztere liegen häufig in besonders verletzlichen Gegenden, etwa an flachen Küsten wie Bangladesch oder in Trockengebieten südlich der Sahara. Das ungeplante Wachstum von Megacitys, speziell von Slums, sowie schlechte Landwirtschaftspraktiken machen sie noch anfälliger für Wetterextreme.

Heiße Tage (Temperaturen von 30 Grad und mehr) könnten in vielen Regionen der Welt zum Ende dieses Jahrhunderts zehnmal häufiger auftreten, heißt es in dem Bericht. Auch Starkregenfälle werden deutlich zunehmen, vor allem in tropischen und in höheren Breiten, im Winter aber auch in mittleren Breiten der Nordhalbkugel, also auch in Deutschland. "Die Modelle zeigen zum Ende dieses Jahrhunderts starke Winterregen", bestätigt Dr. Daniela Jacob, Abteilungsleiterin beim Climate Service Center in Hamburg, das die Ergebnisse der deutschen Klimaforschung für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft aufbereitet.

Doch vor dem Regen kommt in Deutschland der Schnee: "In den nächsten Jahrzehnten sind starke Schneemengen recht wahrscheinlich. Denn der Temperaturanstieg sorgt dafür, dass klirrend kalte Wetterlagen mit trockener Luft und minus 15, minus 20 Grad abnehmen, Perioden mit Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt dagegen zunehmen. Letztere sind sehr schneeträchtig", sagt die Fachfrau für regionale Klimamodelle. Sie erstickt aber jegliche Hoffnung auf verbesserte Wintersportbedingungen: "Der Schnee wird relativ schnell wieder wegschmelzen."

Jacob plädiert dafür, wissenschaftlich zu untersuchen, inwieweit Deutschland überhaupt für die heute schon auftretenden Extreme gewappnet ist: "Die Planungsgrundlagen eines Großteils der Infrastruktur und Bebauung sind 50 Jahre alt. Der Hitzesommer 2003 und die starken Regenfälle in diesem Juni, die Hamburg für mehrere Stunden unter Wasser setzten, haben gezeigt, dass wir bereits mit Extremereignissen konfrontiert sind."

Europaweit habe der Sommer 2010 den Rekordhalter 2003 sogar in den Schatten gestellt, so Prof. Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. In Hamburg war davon nicht so viel zu spüren, doch Osteuropa stöhnte unter der Hitze, und bei Moskau brannten die Wälder. Mehr Hitze in Deutschland prognostizieren auch die regionalen Klimamodelle. Jacob: "Vor allem im Oberrheingraben sind mehr heiße Tage zu erwarten. In Norddeutschland werden eher die Sommertage zunehmen, also Tage mit Temperaturen über 25 Grad."

Das mag eine positive Nachricht sein. Der Kieler Klimaforscher Prof. Mojib Latif hält es jedoch für möglich, dass in Süd- und Ostdeutschland im schlimmsten Fall Temperaturrekorde von bis zu 50 Grad auftreten. Derzeit liegt der Spitzenwert bei 40,2 Grad Celsius, gemessen im Juli 1983 in Gärmersdorf (Oberpfalz) und im August 2003 in Karlsruhe und Freiburg. Dass tatsächlich die 50-Grad-Marke fällt, hält Daniela Jacob für unwahrscheinlich: "Das zeigen nur wenige Modelle. Wenn überhaupt, ist es im Oberrheingraben oder in Städten, die besonders stark als Wärmeinseln wirken, vorstellbar."

Sehr viel wahrscheinlicher seien dagegen Dürreperioden, auch im Elbeinzugsgebiet in Brandenburg und der Magdeburger Börde. Das bedeutet für die Elbe die Einstellung der Schifffahrt und für die Landwirtschaft potenzielle Ernteausfälle. Selbst wenn nach langer Trockenheit sich ein starkes Gewitter entlädt, ist dies nicht unbedingt ein Segen. Vielmehr steigt die Erosionsgefahr, weil die ausgedörrten Böden das Wasser nicht aufnehmen können - es läuft oberflächlich ab und trägt in Erosionsrinnen die Erde fort.

"Extremwetterereignisse sind immer kritisch, weil sie uns unvorbereitet treffen", sagt Daniela Jacob. "Aber wir sitzen hier noch relativ sicher und trocken, wenn man dies im Verhältnis zu anderen Regionen der Welt sieht."