Hamburger Forscher berechnen, welche Wechselwirkungen zwischen Algenwachstum und globaler Erwärmung existieren

Steigende Temperaturen im Ozean könnten künftig das Phytoplankton gefährden - oder aber für zusätzliches Wachstum sorgen. Die winzigen, einzelligen Algen bekommen ihre Nährstoffe aus dem aufsteigenden Tiefenwasser. Wird es an der Oberfläche zu warm, stockt der Nachschub, denn kaltes Wasser ist schwerer als warmes. Die Folge: Die Algen verhungern. Andererseits wachsen bestimmte Arten, sogenannte Cyanobakterien oder Blaualgen, im warmen Wasser besonders gut; sie profitieren also vom Klimawandel. Die fehlenden Nährstoffe gleichen sie aus, indem sie Stickstoff aus der Luft fixieren. Schon heute dominieren sie in wärmeren und nährstoffärmeren Gebieten der Tropen und Subtropen. Ihr Anteil an der Biomasseproduktion kann dort bis zu 50 Prozent betragen.

Spannend ist, dass es dabei eine positive Rückkopplung gibt, deren Ausmaß wir noch nicht kennen. So nehmen mehr Algen auch mehr Sonnenlicht auf und wandeln dieses in zusätzliche Wärme um. Auf diese Weise schaffen sie sich selbst ein optimales Milieu; eine rasante Vermehrung ist die Folge. Dieser physikalische Einfluss auf das eigene Wachstum interessiert uns Klimaforscher. Schließlich bauen die Winzlinge bei der Fotosynthese jährlich rund 45 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in ihren Stoffwechsel ein - und entziehen der Atmosphäre dabei klimaschädliches Kohlendioxid. Gleichzeitig sichern sie die weltweite Sauerstoffversorgung.

Allerdings gibt es auch einen wichtigen negativen Effekt: Je mehr Cyanobakterien sich dicht unter der Oberfläche aufhalten, desto mehr Licht wird reflektiert, gelangt also gar nicht erst ins Wasser hinein. Temperatur und Wachstum gehen zurück. Zusätzlich konnten wir nachweisen, dass die Durchmischung des Wassers weiter nachlässt, wenn viele dicht gepackten Algen die Oberfläche träge machen - die Cyanobakterien bilden zeitweilig regelrechte dichte Matten.

Uns Forscher interessiert: Wie stark ist der Einfluss der Algen auf die optischen und mechanischen Eigenschaften ihrer Umgebung? Überwiegen positive oder negative Rückkopplungen? Nur so können wir das Algenwachstum als biologischen Faktor in unsere Klimamodelle einrechnen und Zukunftsszenarien prüfen. Am KlimaCampus konnten wir diese Prozesse jetzt erstmals quantitativ abschätzen.

Dafür haben wir zunächst ein vergleichsweise einfaches Rechenmodell gewählt und nach und nach verschiedene Einflussgrößen zugeschaltet. Wichtigstes Ergebnis: Obwohl auch negative Rückkopplungen auftreten, nahmen Oberflächentemperatur und Wachstum der Algen im Modell insgesamt zu.

Dass die Biologie die Verhältnisse im Ozean maßgeblich mitbestimmt, ist daher wahrscheinlich - und in den meisten Klimamodellen zu Unrecht vernachlässigt worden. Das soll sich ändern: Als Nächstes wollen wir die regionale Verbreitung der Algen und die Verdriftung durch die großen Meeresströmungen in unsere Überlegungen einbeziehen.