Auch die Universität Hamburg ist mit einem biochemischen Experiment beteiligt

Peking. Es ist eine Premiere im All: Deutschland kooperiert erstmals mit China bei einem Raumflug. Wenn das Raumschiff "Shenzhou 8" wie geplant in der Nacht zu heute vom Raumfahrtbahnhof Jiuquan (Provinz Gansu) in Nordwestchina abhebt, ist eine deutsche Experimentieranlage an Bord. Die in Deutschland entwickelte "Simbox"-Apparatur dient 17 biologischen und medizinischen Experimenten, an denen deutsche und chinesische Forscher gemeinsam arbeiten. Sieben deutsche Universitäten sind beteiligt, darunter das Institut für Biochemie und Molekularbiologie der Universität Hamburg.

Im Brutschrank der Simbox sind Pflanzen (Ackerschmalwand), Algen, Bakterien und menschliche Zellen fast drei Wochen lang der Schwerelosigkeit und Strahlung im All ausgesetzt. Es geht um biologische und medizinische Kernfragen, etwa: Wo genau greift die Schwerkraft in biologische Prozesse ein? Oder: Wie kann man das Immunsystem stärken? Dies berühre die Fähigkeit von Menschen, im Weltraum zu überleben, sagte der australische Raumfahrtexperte Morris Jones. "Solange wir nicht die biomedizinischen Folgen der Raumflüge richtig verstehen, wird es schwierig sein, Menschen auf lange Reisen ins All zu schicken."

Es gibt auch sehr irdische Fragestellungen, für die die Simbox Antworten liefern soll, etwa das Experiment der Hamburger Molekularbiologen. Zusammen mit Kooperationspartnern aus Peking lassen sie Eiweiße unter Schwerelosigkeit kristallisieren, die eine Schlüsselrolle bei einem weitgehend antibiotikaresistenten Bakterium (MRSA) spielen.

"Bei der Kristallisation im All ist die Schwerelosigkeit als Störfaktor ausgeschaltet", sagte Prof. Christian Betzel von der Universität Hamburg. "Wir erwarten deshalb wesentlich bessere Kristallstrukturen als bei der konventionellen Herstellung. Mithilfe der Teilchenbeschleuniger am Desy (Deutsches Elektronen-Synchrotron) können wir die Struktur dann sehr genau analysieren." Diese erweiterten Kenntnisse der Proteine könnten ein wichtiges Puzzleteil liefern auf dem Weg zu neuen Wirkstoffen gegen den multiresistenten Keim.

Der Flug von "Shenzhou 8" dient aber auch der Fortentwicklung der chinesischen Raumfahrt. Das Raumschiff soll erstmals ein chinesisches Kopplungsmanöver durchführen und sich mit dem Weltraummodul "Tiangong 1" verbinden, das seit Ende September die Erde umkreist. Ein solcher Erfolg ist die Basis für die Pläne zum Bau einer chinesischen Raumstation um 2020.

"Da das Raumschiff unbemannt ist, werden die Manöver ferngesteuert, was eine technische Ausgereiftheit anzeigt, die weit fortgeschrittener ist als das Niveau, auf dem China vor zehn und selbst vor fünf Jahren noch war", sagte Joan Johnson-Freese, Professorin am US Naval War College in Newport (Rhode Island). Das Raumschiff soll zwölf Tage mit der Testplattform verbunden bleiben und dann in der Inneren Mongolei in Nordchina landen. Die Proben der Simbox werden von dort nach Peking gebracht und den beteiligten Forscherteams ausgehändigt.