Die Volksrepublik hat große Pläne im All. Erstmals öffnet sich die junge Raumfahrernation jetzt internationaler Zusammenarbeit.

Peking. Es ist eine Premiere im All: Deutschland kooperiert erstmals mit China bei einem Raumflug. Wenn das Raumschiff „Shenzhou 8“ wie geplant am nächsten Dienstag vom Raumfahrtbahnhof Jiuquan (Provinz Gansu) in Nordwestchina abhebt, ist eine deutsche Experimentieranlage an Bord. Die in Deutschland entwickelte und gebaute „Simbox“-Apparatur dient 17 biologischen und medizinischen Experimenten, an denen deutsche und chinesische Wissenschaftler gemeinsam arbeiten. Sieben deutsche Universitäten sind involviert.

Deutschland und China betreten damit Neuland. Für die aufstrebende Raumfahrernation China ist es das erste Mal, dass eine ausländische Versuchsanlage an Bord eines seiner „Magischen Schiffe“ ins All fliegt. „Politisch ist es ungeheuer wichtig“, sagte der China- und Raumfahrtexperte Dean Cheng von der US-Denkfabrik Heritage Foundation in Washington der Nachrichtenagentur dpa. Es sei eine Demonstration des Interesses und der Zuversicht anderer Nationen in Chinas Raumfahrtprogramm.

In der Anlage mit Wärmeschrank und Zentrifuge werden Pflanzen, Bakterien, Zellen des menschlichen Immun- und Nervensystems, darunter auch Krebszellen, fast drei Wochen lang der Schwerelosigkeit und Strahlung im All ausgesetzt. Es geht nach Angaben des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Bonn um biologische und medizinische Kernfragen: „Wo genau greift die Schwerkraft in biologische Prozesse ein? Wie kann man das Immunsystem stärken?“

Die Antworten sind entscheidend für die Zukunft der bemannten Raumfahrt. „Solche Versuche sind sehr wichtig für die ganze Welt“, sagte der australische Raumfahrtexperte Morris Jones der dpa. „Sie drehen sich um die Fähigkeit von Menschen, im Weltraum zu überleben. Solange wir nicht die biomedizinischen Auswirkungen der Raumflüge richtig verstehen, wird es schwierig sein, Menschen auf lange Reisen ins All zu schicken.“

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Im Mittelpunkt des Fluges von „Shenzhou 8“ steht aber ein ganz anderer, viel riskanterer Versuch. Das Raumschiff plant das erste chinesische Kopplungsmanöver. Dafür umkreist das Weltraummodul „Tiangong 1“, übersetzt „Himmelspalast“, schon seit Ende September die Erde. Ein erfolgreiches Andocken ist die Grundvoraussetzung für die Pläne zum Bau einer eigenen chinesischen Raumstation um 2020.

„Da das Raumschiff unbemannt ist, werden die Manöver ferngesteuert, was eine technische Ausgereiftheit anzeigt, die weit fortgeschrittener ist als das Niveau, auf dem China vor zehn und selbst vor fünf Jahren noch war“, sagte Joan Johnson-Freese, Professorin und China-Expertin am US Naval War College in Newport (Rhode Island) der dpa.

Zwei Tage nach dem Start soll „Shenzhou 8“ in 343 Kilometer Höhe vom Boden kontrolliert an das Modul ankoppeln. Das Raumschiff soll zwölf Tage mit der Testplattform verbunden bleiben. Vor der Landung in der Inneren Mongolei in Nordchina soll noch ein weiteres Andockmanöver geübt werden. „Tiangong 1“ ist ein erster Schritt, um die technischen Grundvoraussetzungen für die Entwicklung einer Raumstation nachzuweisen“, sagte Johnson-Freese.

Die Raumstation ist Teil eines ehrgeizigen Raumfahrtprogramms. China baut auch ein Satellitennetz für ein eigenes Navigationssystem, hat den Mond im Visier und plant Flüge in die Tiefe des Weltraums. In zwei Jahren ist eine unbemannte Mondlandung geplant. Für die Vorhaben entwickelt China auch leistungsstärkere Raketen. Auf der Insel Hainan in Südchina wird dafür ein dritter Raumfahrtbahnhof gebaut.

Zwei weitere Raumflüge sind im nächsten Jahr zu dem 8,5 Tonnen schweren und zehn Meter langen „Himmelspalast“ geplant. Dann sollen auch Astronauten das Modul als Mini-Raumstation benutzen. „Wenn China im nächsten Jahr Astronauten zu „Tiangong 1“ hochschickt, werden sie lebensunterstützende Systeme testen, einschließlich solcher Anlagen, die von China selbst entwickelt worden sind – im Gegensatz zu den Systemen, die sie von den Russen gekauft und in der Vergangenheit benutzt haben“, sagte Johnson-Freese.