Meilenstein in der europäischen Raumfahrt: Eine russische Sojus-Rakete hob mit den beiden Galileo-Satelliten an Bord erfolgreich in Kourou ab.

Oberpfaffenhofen/Kourou. Es dauerte in wenig, doch im zweiten Anlauf gelang endlich ein Bilderbuchstart: Die ersten beiden Satelliten für das europäische Satellitennavigationssystem Galileo sind erfolgreich im All. Pünktlich um 12.30 Uhr Mitteleuropäischer Sommerzeit hob am Freitag eine Sojus-Rakete mit den Satelliten an Bord vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana ab. Nach jahrelangen Verzögerungen und immensen Kostensteigerungen sind die ersten Schritte des europäischen Prestigeprojekts in den Weltraum geglückt. Mit Galileo will die EU die Vormacht des GPS-Systems aus den USA brechen.

Am Donnerstag musste der Starttermin wegen technischer Probleme kurzfristig um 24 Stunden verschoben worden. Es war der erste Start einer russischen Rakete in Kourou und damit von europäischem Hoheitsgebiet.

„Alles im Plan, wunderbar“, sagte der Leiter des Galileo-Kontrollzentrums beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen, Walter Päffgen. Am Nachmittag, keine vier Stunden nach dem Start, erreichten die Satelliten die Umlaufbahn in gut 23 000 Kilometern Höhe und wurden von der Rakete abgekoppelt. „Die kritische Phase ist um, jetzt geht es an die Routine“, sagte Päffgen. „Die Bodenstation in Toulouse hat schon Kontakt mit den Satelliten aufgenommen.“

Die Europäer feierten mit dem Start eine doppelte Premiere: den ersten Start einer russischen Sojus-Rakete vom europäischen Weltraumbahnhof und nach jahrelanger Verzögerung den Beginn des neuen Galileo-Zeitalters als Konkurrenz zum amerikanischen GPS-System. Galileo soll viel präziser arbeiten als GPS, das unter militärischer Kontrolle steht, und weltweit metergenaue Positionsbestimmungen möglich machen. Das soll nicht nur dem Verkehr zu Lande, im Wasser und in der Luft helfen, sondern auch der Industrie und der Landwirtschaft.

Deutschland ist der größte Finanzier des EU-Projektes. Außerdem entwickeln und bauen deutsche Unternehmen die Satelliten. Das Galileo-Kontrollzentrum beim DLR in Oberpfaffenhofen wird in wenigen Tagen die Steuerung der Satelliten übernehmen.

„Mit diesem Galileo-Satellitensystem machen wir uns in Europa unabhängig von einem vergleichbaren Satellitensystem, das derzeit von den Vereinigten Staaten ausgeht. Es ist eine Unabhängigkeit bei verschiedenen, sehr lebensnahen Anwendungen“, teilte Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) mit. Das hob auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Brüssel hervor. Es sei ein „großer Schritt für Europa“, von dem nicht nur die Bürger im täglichen Leben profitieren werden, weil die präzisere Ortung beispielsweise mehr Mobilität erlaube und Leben retten könne.

Galileo werde auch die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie stärken - von der Schifffahrt bis zum Finanzwesen und zur Telekommunikation. Über einen Zeitraum von 20 Jahren lägen die Schätzungen für die positiven Galileo-Auswirkungen bei 90 Milliarden Euro, sagte Barroso. Der Koordinator der Bundesregierung für Luft- und Raumfahrt, Peter Hintze, erklärte: „Ein russischer Träger bringt an einem französischen Startplatz Satelliten ins All, die ganz wesentlich in Deutschland entwickelt und gebaut wurden – für ein europäisches Navigationssystem. Das ist internationale Kooperation vom Feinsten.“

Immer wieder hatten massive Verzögerungen im Zeitplan und Kostensteigerungen das Galileo-Projekt in die Kritik gebracht. Anstatt der anfangs geplanten 3,4 Milliarden Euro sollen es nun rund 5 Milliarden sein. Eigentlich war der Betrieb schon für 2008 geplant. Nun soll es erst 2014 richtig losgehen. Bis dahin sollen 18 von insgesamt 30 geplanten Satelliten in mehr als 23 000 Kilometern Abstand um die Erde kreisen. Dann sollen auch die ersten drei Dienste starten, darunter ein kostenloser für die Allgemeinheit.