Die Auflösung des Urnebels aus Wasserstoff vollzog sich schneller als angenommen

München. Nach dem Urknall vor etwa 13,7 Milliarden Jahren kühlte sich das Universum ab; dadurch entstanden etwa 400 000 Jahre später die ersten Atome: Aus Elektronen und Protonen bildete sich elektrisch neutraler Wasserstoff. Dieses Gas hüllte das junge Universum in einen dichten Nebel, und es verschluckte das ultraviolette Licht, das die ersten Sterne ausstrahlten. Deswegen nennen Astronomen diese Epoche das "Dunkle Zeitalter". Nur langsam konnte das ultraviolette Licht die Wasserstoffatome wieder in Elektronen und Protonen aufspalten und das Weltall durchsichtig machen. Diese "Reionisationsära" fand etwa 150 Millionen bis eine Milliarde Jahre nach dem Urknall statt, so die bisherige Annahme.

Mithilfe des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte Eso, das in der Atacamawüste in Chile steht, haben Forscher nun genauer bestimmen können, wie die Reionisation zeitlich ablief. Dazu untersuchten sie fünf der am weitesten entfernten Galaxien, die bisher entdeckt wurden. Indem sie das extrem schwache Licht, das diese Galaxien aussenden, auffingen und analysierten, erhielten die Forscher ein Bild davon, wie die Galaxien in der Zeit zwischen 780 Millionen und einer Milliarde Jahre nach dem Urknall aussahen. "Die Unterschiede zwischen den Galaxien verraten uns, wie sich die Bedingungen im Universum während dieser Epoche verändert haben und auch, wie schnell diese Veränderungen vor sich gegangen sind", erklärt der Leiter des Projekts, Adriano Fontana.

Wann die Reionisation begann, können die Forscher zwar immer noch nicht sagen, aber sie wissen jetzt, wann die womöglich entscheidende Phase ablief: "Als das Universum 780 Millionen Jahre alt war, gab es noch sehr viel neutralen Wasserstoff, der zwischen zehn und 50 Prozent des Volumens des gesamten Raums ausfüllte und eine große Menge des ultravioletten Lichts verschluckte", sagt Laura Pentericci, die Erstautorin der Studie. "Doch schon 200 Millionen Jahre später, also 980 Millionen Jahre nach dem Urknall, war die Menge des Wasserstoffs auf das Niveau gesunken, das wir heute messen." Die entscheidende Phase der Reionisation, so Pentericcis Fazit, begann also 780 Millionen Jahre nach dem Urknall, und sie vollzog sich von da an schneller, als bisher angenommen wurde.

Offen bleibt, ob es tatsächlich die ersten Sterne waren, die den Urnebel auflösten, oder - so eine weitere Theorie - ob die zur Auflösung nötige starke Strahlung von Materie stammte, die auf ein schwarzes Loch stürzte. Um dies zu überprüfen, sind noch präzisere Messungen nötig, die nur mit dem geplanten James Webb Space Telescope (Hubbles Nachfolger) möglich wären oder mit dem geplanten European Extremely Large Telescope der Eso, welches das größte Teleskop der Welt sein wird. Beide Instrumente werden aber erst ab 2018 in Betrieb gehen.