Brutale Programme beeinträchtigen das Verhalten von Kindern kaum, zeigt eine Studie

Hohenheim. PC-Spiele, die Gewalt beinhalten, sind stark umstritten; Kritiker befürchten, dass solche Programme Kinder aggressiv machen und handgreiflich werden lassen. Forscher der Universität Hohenheim und der Leuphana-Universität Lüneburg haben jetzt eine Studie vorgestellt, die vielleicht zu etwas mehr Gelassenheit im Umgang mit diesem Thema beiträgt, ohne allerdings mögliche Probleme zu verharmlosen.

Die Forscher hatten 324 Berliner Grundschüler im Alter von acht bis zwölf Jahren zu deren Spielegewohnheiten befragt. Außerdem ließen sie Mitschüler und Lehrer bewerten, welche Schüler häufig durch Schubsen, Hauen oder Treten auffielen. Die Ergebnisse: Kinder, die bisher nicht als aggressiv galten und sich mit brutalen Computerspielen beschäftigten, wurden auch durch die Spiele nicht aggressiv. Bereits aggressive Kinder fühlten sich zwar stärker zu brutalen Spielen hingezogen - aggressiver wurden sie durch diese Spiele aber nicht. Allerdings bestehe bei diesen Kindern die Gefahr, dass sich ihre Vorliebe verfestige und dass dies später womöglich doch zu einer höheren Gewaltbereitschaft führe, so die Forscher.

Sie wollen ihre Studie nicht als Freifahrtschein verstanden wissen. "Die Ergebnisse gelten nur für die von uns erstmals untersuchte Altersgruppe der Acht- bis Zwölfjährigen", sagt Jens Vogelgesang, Kommunikationswissenschaftler an der Uni Hohenheim. Für die darauf folgende Phase, also den Übergang vom Kinder- zum Jugendalter, sei die Wirkung von brutalen Computerspielen noch nicht hinreichend untersucht worden. Für Jugendliche aber sei belegt, dass sich brutale PC-Spiele negativ auf deren Verhalten auswirken könnten.

Welche Schlüsse können Eltern aus diesen Erkenntnissen ziehen? Grundsätzlich sollten sie darauf achten, dass ihre Kinder sich nur mit Computerspielen beschäftigen, die für das jeweilige Alter zugelassen seien, sagen die Forscher. "Wenn das Kind dann doch einmal Zugang zu einem brutalen Spiel hatte, ist das noch kein Grund zur Sorge", so Entwicklungspsychologin Maria von Salisch von der Uni Hohenheim. "Eltern sollten dann aber das Gespräch mit ihren Kindern suchen." Wenig Sinn mache es, den Umgang mit solchen Spielen ganz zu verbieten. Kinder suchten in Computerspielen Herausforderungen (ein Hindernis, das es zu überwinden gilt, der Kampf gegen einen Gegner). Ähnliche Erlebnisse biete aber auch das reale Leben. Ein Mannschaftssport, Übungen im Klettergarten - es gebe viele Möglichkeiten.

"Solche alternativen Herausforderungen sollten Eltern ihren Kindern anbieten, insbesondere, wenn ein Kind schon aggressiv ist und sich zu brutalen Computerspielen hingezogen fühlt", sagt von Salisch. Je früher dies geschehe, desto geringer sei die Gefahr, dass sich eine Neigung zu solchen Spielen später verfestige: "Im Alter von acht bis zwölf Jahren sind Kinder in ihren Vorlieben noch eher lenkbar als etwa mit 15 Jahren."