Brennende Autos in Hamburg und Berlin: Brandstiftungen sorgen momentan für viele Schlagzeilen. Ein Psychologe hat einige Feuerteufel untersucht.

Heidelberg. Die einen wollen ihren Frust loswerden, die anderen wollen sich in den Mittelpunkt drängen: Nach einer Reihe von Brandstiftungen in Berlin, Hamburg und auch in Baden-Württemberg sucht Psychologe Winfried Barnett nach Erklärungsansätzen. Meist gehe es um Versicherungsbetrug oder schlichtweg um Rache, sagte der 57-jährige Mediziner der Nachrichtenagentur dpa. Deutlich schwieriger sei hingegen der Umgang mit krankhaften Brandstiftern, erklärte Barnett, der als Dozent an der Universität Heidelberg arbeitet.

Die meisten der psychisch kranken Feuerteufel könne man in drei Gruppen einteilen: „Frusttäter, Lusttäter und solche mit gestörtem Sozialverhalten“, sagte Barnett, der viele Brandstifter nach ihrer Festnahme auf ihre Schuldfähigkeit untersucht hat.

„Das Frustmotiv haben meist junge, intellektuell minderbegabte und wenig erfolgreiche Männer bis 25 Jahren. In alkoholisiertem Zustand begehen sie zuerst eher zufällig eine erste Brandstiftung, merken dann aber, dass sie so unangenehme Emotionen abschwächen können“, sagte Barnett. Aus diesem Grund gebe es in Großstädten immer wieder Feuer in Hausfluren und auf Dachböden. Auch die Serie brennender Autos in Berlin und Hamburg führt der Arzt weniger auf politisch-extremistische Hintergründe, sondern auf derartige Täter und Nachahmer zurück.

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Lusttätern seien meist Männer zwischen 14 und 21 Jahren. „Diese wollen angenehme Emotionen wie Freude am Feuer noch verstärken“, sagte der Psychologe. Einige würden durch das Feuer regelrecht sexuell stimuliert. „Ich rate Polizei und Feuerwehr immer, an den Tatorten nach auffälligen Personen zu schauen. Denn die Lusttäter helfen nicht selten eifrig beim Löschen, oder sie filmen das Geschehen.“

Bei den Brandstiftern, bei denen Experte eine „Störung des Sozialverhaltens“ diagnostizieren, handele es sich ebenfalls meist um junge Männer. Bei ihnen gehöre das Feuerlegen genauso zum Alltag wie Schule schwänzen, lügen oder klauen, sagte Barnett.

Der Wissenschaftler ist selbst immer wieder erstaunt, welche Gründe Täter für eine Brandstiftung angeben. Als in Berlin ein

29-jähriger Zeitungsbote verhaftet wurde, der Kinderwagen angezündet und damit ganze Häuser zerstört hatte, habe er einen „tiefen Hass auf nach Berlin gezogene Schwaben“ als Begründung angegeben. „Der Mann ist eindeutig ein Frusttäter“, sagte der Psychologe.

Vor 200 Jahren habe es noch einen weiteren Typ von Brandstiftern gegeben. „Anfang und Mitte des 19. Jahrhunderts zündelten viele heimwehkranke Dienstmädchen auf dem Land.“ Als Zwölfjährige seien die Mädchen zu einer anderen Familie geschickt worden. „Sie dachten, dass sie nach dem Abbrennen des Bauernhofs wieder nach Hause kommen könnten, da sie nun überflüssig seien“, erzählte der Experte.

Im Südwesten war zuletzt unter anderem ein historisches Flugzeug in Flammen aufgegangen, mit dem auch der ehemalige Staatsratsvorsitzende der DDR, Erich Honecker, mehrfach unterwegs war.