Die Jacobs University Bremen wirbt mit Internationalität auf dem Campus. Jetzt feiert die private Hochschule ihr zehnjähriges Bestehen.

Bremen. Mit großen Ambitionen war die private International University Bremen (IUB) 2001 gestartet - 2006 stand sie wegen finanzieller Probleme kurz vor dem Aus. Dann engagierte sich die Schweizer Jacobs-Stiftung, die mit dem Firmenvermögen der ursprünglich Bremer Familie Jacobs wirtschaftet. 2007 wurde die IUB in Jacobs University Bremen umbenannt. Heute zählt die Hochschule zu den renommierten Lehreinrichtungen des Landes. In dieser Woche feiert sie ihr zehnjähriges Bestehen. Das Abendblatt sprach mit Dr. Christian Jacobs, dem Vorsitzenden der Stiftung, über die Bedeutung der Bremer Elite-Hochschule und über deren Zukunft.

Hamburger Abendblatt:

Was macht die Jacobs University so besonders?

Dr. Christian Jacobs:

Unser Fokus liegt auf Zukunftsthemen. Klimawandel und Energie, Wasserversorgung und Gesundheit, Bildung und Informationstechnologie sowie Friedens- und Konfliktmanagement - diese Themenbereiche sind gleichermaßen entscheidend für die Weltordnung des 21. Jahrhunderts. Deshalb ist es wichtig, dass sich die Studenten mit diesen Themen auseinandersetzen.

Wodurch zeichnet sich die Studentenschaft der Hochschule aus?

Jacobs:

Sie steht für kulturelle Vielfalt und Internationalität der Studierenden. 110 Nationalitäten sind auf dem Campus vertreten - das ist ein Wert an sich. Die Studierenden haben ganz unterschiedliche soziale Herkünfte, leben drei Jahre auf dem Campus zusammen. Vor allem eines eint sie: Sie sind bildungshungrig.

Der Anteil der Deutschen liegt nur bei 25 Prozent. Das gibt es nirgendwo auf der Welt im Bereich des Erststudiums bis zum Bachelor-Titel. Meist ist das Verhältnis eher umgekehrt: In Oxford studieren im Erststudium 75 Prozent Engländer, in Harvard sind es 75 Prozent Amerikaner. Für den niedrigen Anteil der Deutschen haben wir gekämpft; läge er höher, hätten wir es finanziell sicherlich etwas einfacher. Aber die Studentenschaft wäre dann nicht so heterogen und international, und damit würden wir uns eines wesentlichen Pfeilers berauben.

Welche gesellschaftliche Rolle kann die Jacobs University bei der Bewältigung künftiger Probleme spielen?

Jacobs:

Bei ihrem Studiumsabschluss sind die Bachelor-Absolventen im Schnitt 21,5 Jahre alt. Das war bis vor einigen Jahren das Durchschnittsalter eines Studienanfängers an deutschen Universitäten. Von den sehr jungen Absolventen ist kaum zu erwarten, dass sie bereits mit Anfang 20 die Welt verändern. Aber wir vermitteln unseren Studierenden frühzeitig ein soziales Verantwortungsgefühl. Wir wollen, dass sie sich für das Gemeinwohl engagieren und die Gesellschaft mitgestalten. Zum Beispiel gibt es in Lateinamerika eine wundervolle Initiative, in der Jacobs-Absolventen Bildungsprojekte für Dorfgemeinschaften aufziehen.

Hinzu kommen die fachübergreifende Forschung und Lehre, mit denen wir ein vernetztes Denken fördern. Die Studenten werden aus dem, was sie in Bremen erfahren, hoffentlich Schlussfolgerungen für ihr Leben ziehen. Bezogen auf unsere Forscher können wir stolz darauf sein, wie stark sie mit ihren Publikationen und Beiträgen am öffentlichen Diskurs beteiligt sind, und das immer zu gesellschaftlich relevanten Themen - von der Erforschung von Algen als Rohstofflieferanten über Bildungsthemen bis hin zur Mobilfunkforschung.

Welche Rolle spielt die Forschung im Verhältnis zur Ausbildung?

Jacobs:

Die Ausbildung braucht die Forschung. Jede Phase des Studentendaseins wird natürlich anders gestaltet, aber immer gilt: Wir arbeiten interdisziplinär, unsere Forschung ist nicht mehr nach Fakultäten aufgestellt, sondern nach Themen. Die Tatsache, dass wir bei der Einwerbung von Drittmitteln außerordentlich erfolgreich sind und dass unsere Forscher jede Menge Preise einheimsen, zeigt, dass das Konzept aufgeht.

Was treibt Sie persönlich dazu, sich philanthropisch zu engagieren?

Jacobs:

Meine Familie hat sich immer gemeinnützig engagiert. Wir kommen aus einem landwirtschaftlichen Gebiet bei Bremen, hatten über viele Generationen einen Bauernhof. Das Dorf war von Naturgewalten umgeben, hatte zum Beispiel mit Deichbrüchen zu kämpfen. Dort zählte Gemeinsinn. Später, als Unternehmerfamilie, mussten wir schauen, dass die Menschen, die mit uns und bei uns beschäftigt waren, mit vollem Einsatz auf den gemeinsamen Erfolg hinarbeiteten und daran teilhatten. Deshalb interessieren uns Menschen, und deshalb haben wir gesellschaftliche Beiträge geleistet. Dass wir dabei auf die Bildung setzen, ist ein Ergebnis langer Diskussionen. Wir konzentrieren uns auf diesen Bereich, weil wir hier echtes Potenzial für Veränderungen sehen. Daraus ist die Idee der Jacobs-Stiftung entstanden.

Bildet die Jacobs University den Kernbereich Ihrer Stiftungsarbeit?

Jacobs:

Die Stiftung investiert in junge Menschen vom frühesten Kindesalter bis Mitte 20. Wir haben im Augenblick den großen Schwerpunkt frühkindliche Bildung. Je früher man in Bildung investiert, desto größer ist die Chance, dass die Menschen tatsächlich ihr eigenes Leben in die Hand nehmen und ihre Lebensverhältnisse verbessern. Die Menschheit ist auf mehr als sechs Milliarden Köpfe angewachsen. Diese Menschen müssen sich persönlich entfalten können. Bildung ist die Voraussetzung dafür. Das heißt: Der Zugang zu Bildung wird auch weiterhin ein ganz großes Thema sein. In die Universität haben wir zu einem Zeitpunkt investiert, als sie, damals noch als International University Bremen, finanziell vor dem Aus stand. Die IUB ging im Jahr 2001 aus der ehemaligen Bundeswehrhochschule hervor, in der Helmut Schmidt einst seinen Offizierslehrgang absolviert hat. Nach fünf Jahren war sie nicht mehr liquide, vor allem weil die Hochschule nur die besten Studierenden wollte und diese nicht unbedingt die Studiengebühren bezahlen konnten. Also brauchte man ein angemessenes Stipendiensystem, und das kostet Geld. Wir sind 2006 eingestiegen und haben diese Lücke geschlossen. Dazu haben wir mit der Hochschulleitung ein neues Finanzierungs- und Entwicklungskonzept entwickelt und umgesetzt. Wir würden das nicht tun, wenn wir nicht vom Potenzial und langfristigen Erfolg der Jacobs University überzeugt wären.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Jacobs University?

Jacobs:

Wir müssen die hohe Qualität in Forschung und Lehre halten. Und wir wollen die Finanzierungsstruktur noch weiter verbessern. Unsere Stiftung hat bisher jährlich 15 Millionen Euro in den Haushalt gegeben. Es ist unser Ziel, die Jacobs University selbsttragend zu machen. Aber von 15 Millionen auf null oder auf zwei, drei Millionen zu kommen ist eine große Aufgabe. Bei einem Haushalt von 50 bis 60 Millionen Euro ist der schon heute hohe Anteil der Selbstfinanzierung bereits ein gewaltiger Erfolg.