Zu Monatsbeginn sind die Tage länger als die Nächte, doch am Monatsende regiert die Nacht: Am 23. September herrscht “Tag- und Nachtgleiche“.

Hamburg. Der September ist eine Zeit des Übergangs, auch am Nachthimmel. Zu Monatsbeginn sind die Tage noch länger als die Nächte, doch am Monatsende regiert die Nacht: Am 23. September herrscht "Tag- und Nachtgleiche" - um 11.05 Uhr kreuzt die Sonne die Äquatorebene unserer Erde südwärts. Auf der Nordhalbkugel beginnt der Herbst, im Süden der Frühling. Unser Zeitfenster für den Blick in die Sterne wird damit zwar immer größer, doch so richtig genießen können wir das erst in der zweiten Monatshälfte, sobald der Mond sich zurückgezogen hat. Am 4. September ist die Halbmondphase erreicht und am 12. der Vollmond. Erst nach dem 20. September bleibt die Zeit bis Mitternacht frei von Mondlicht. Wer also viele Sterne und die Milchstraße sehen will, der wird dann auf seine Kosten kommen.

Fast senkrecht über uns leuchten zwei auffällig helle Sterne, die nördlichen Sterne des Sommerdreiecks Wega und Deneb. Wega ist heller. Unterhalb der beiden Sterne markiert der etwas schwächere Atair die Südspitze des Sommerdreiecks. Dieses riesige gleichschenklige Sternendreieck bleibt die ganze Nacht am Himmel und ist bis in den Dezember beobachtbar. Im September steht es um 22 Uhr optimal in der Himmelsmitte, hoch über der Südrichtung platziert. Alle drei Sterne des Sommerdreiecks gehören dem "Spektraltyp A" an. Dies bedeutet, dass diese fernen Geschwister unserer Sonne nahezu vergleichbare Oberflächentemperatur besitzen (etwa 8000 Kelvin). Sie sind heißer als unsere Sonne und glühen daher in einem bläulich-weißen Farbton.

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1980 entdeckte der Infrarot-Satellit IRAS rund um den Wega eine Scheibe aus Trümmern. Auch unsere Sonne hatte in ihrer Jugendphase einen solchen Trümmerring, bevor sich daraus die Planeten unseres Sonnensystems bildeten. Wega könnte ebenfalls Planeten besitzen. Aber sie könnten wohl kaum Leben tragen, denn im Unterschied zu Sonne und Erde ist Wega "nur" einige Zigmillionen Jahre alt, und Leben benötigt nach allem, was wir heute wissen, etwa eine Milliarde Jahre, um sich auf einem Planeten zu etablieren.

Tief am Westhorizont funkelt ein rötlicher Stern: Arktur im Bärenhüter. Er steht nur mehr etwa eine Handspanne über dem Horizont. Drehen wir uns um, so finden wir im Nordosten auf fast gleicher Höhe den hellen Stern Capella im Fuhrmann. Dazwischen strebt der Große Wagen auf seine tiefste Stellung im Norden zu. Von Capella steigt das Lichtband der Milchstraße hoch über unsere Köpfe hinauf zum Sommerdreieck. Nur unter besten Sichtbedingungen, abseits störender Lichter und ohne Mondlicht, zeigt sie sich in ihrer vollen Pracht. Es lohnt sich, mit dem Fernglas dort spazieren zu schauen, besonders im Bereich zwischen Deneb im Schwan und Atair im Adler - durch unser Gesichtsfeld ziehen dann Abertausende glitzernde Sternchen.

Am Südhorizont ist der Steinbock zu erkennen. Er wurde ursprünglich als Wesen halb Fisch, halb Fleisch, nämlich als "Ziegenfisch" gezeichnet, denn er markierte als Kalenderzeichen den Beginn der Regenzeit. So ist er umringt von Sternbildern, die dem "wässrigen Element" zuzuordnen sind - der ganze Südosten wird zum "himmlischen Aquarium": über dem Steinbock die auffällige, jedoch kleine Sternfigur des Delfins, weiter östlich am Horizont die ausgedehnten, aber lichtschwachen Sternbilder Wassermann und Fische.

Wie eine überdimensionale Vorfahrtstafel steht halbhoch im Osten ein großes Sternenquadrat, das Herbstviereck. Drei der vier Sterne gehören zum Sternbild Pegasus, während der vierte, der nordöstlichste, den Hauptstern Alpha im Sternbild Andromeda markiert. Über dem Osthorizont steigt um 22 Uhr ein Lichtpunkt herauf, der heller als alle Sterne leuchtet und durch sein ruhiges Licht auffällt. Es ist der Planet Jupiter, der sich zum "Superstar" des Herbstes entwickeln wird. Seinen großen Auftritt wird er im Oktober haben, wenn er die Oppositionsstellung zur Sonne erreicht, aber schon jetzt ist er am späten Abend kaum zu übersehen. Auch der Mars wird immer interessanter. Unsere Erde rückt näher an ihn heran, und so wird er auffälliger. Ab etwa zwei Uhr morgens taucht Mars am Nordosthorizont auf. Er wandert vom Sternbild der Zwillinge in den Krebs. Für alle Beobachter mit bloßem Auge ist der gelb-orange Mars besonders reizvoll, da er mit seiner raschen Bewegung nach wenigen Nächten wieder eine neue Konfiguration zu den umgebenden Sternen bildet. Am Morgen des 23. September ist die schmale Sichel des abnehmenden Mondes gleich neben Mars platziert - ein schöner Anblick!

Wer bis zum Sonnenaufgang ausharrt, kann einen weiteren Planeten mit bloßem Auge sehen: den Merkur. Er verschwindet ab Monatsmitte wieder im Glanz der Sonne. Die Venus steht noch zu sehr in Sonnennähe und wird erst im Spätherbst wieder als "Abendstern" glänzen.