Eine schwedische Langzeitstudie zeigt beeindruckende Erfolge

Hamburg. "Spritze statt Skalpell?" Diese Frage stellten gestern Experten auf dem Weltkongress für Adipositas- und Stoffwechselchirurgie im CCH. Hintergrund ist, dass sich durch die chirurgische Behandlung des Übergewichts auch ein Typ-2-Diabetes deutlich verbessern lässt. Welchen positiven Effekt diese Operationen auf den Stoffwechsel haben können, wird in der Fachwelt zurzeit viel diskutiert.

Dazu stellte der schwedische Professor Lars Sjöström von der Universität Göteborg Ergebnisse einer Langzeitstudie vor. Darin werden rund 4000 stark übergewichtige Patienten mit einem Body-Mass-Index (Körpergewicht in Kilogramm geteilt durch das Quadrat der Körpergröße in Metern) von weit über 30 seit 1987 beobachtet. Etwa die Hälfte von ihnen wurde operiert, zum Beispiel mit Magenband oder Magenbypass. Die andere Hälfte bekam eine normale Therapie mit Lebensstiländerungen und medikamentöser Behandlung der Begleiterkrankungen.

Ebenfalls wichtig sind geänderte Ess- und Bewegungsgewohnheiten

Dabei zeigte sich, dass Patienten der chirurgischen Gruppe nach zehn Jahren etwa 19,2 Kilogramm Körpergewicht verloren hatten, gegenüber 1,3 Kilo in der nicht operierten Kontrollgruppe. Bei 72 Prozent der operierten Patienten mit einem Diabetes, der mit Insulin behandelt werden musste, kam es kurz nach dem Eingriff zur sogenannten Vollremission. Das heißt, die Blutzuckerwerte hatten sich so weit normalisiert, dass die Patienten kein Insulin mehr brauchten. Nach zehn Jahren war dieser Effekt noch bei der Hälfte der Patienten zu beobachten. Auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs sank durch solche Eingriffe.

Die OP sollte aber nie allein stehen, sagte Dr. Birgit Schilling-Maßmann. Die Ernährungsmedizinerin aus Tecklenburg betonte, wie wichtig ein geänderter Lebensstil mit neuen Ess- und Bewegungsgewohnheiten sowie eine langfristige Nachsorge seien.

Problematisch ist die Finanzierung dieser Therapien durch die Krankenkassen. "Der Medizinische Dienst der Krankenkassen macht eine gesicherte Nachsorge zur Voraussetzung für die Genehmigung der Operation. Die gesetzliche Krankenkasse aber zahlt die dazu notwendigen Leistungen gar nicht oder nur unvollständig", sagte Schilling-Maßmann. "In Deutschland dürfen die Möglichkeiten der Stoffwechsel-Chirurgie nicht länger ignoriert werden", forderte Kongresspräsident Prof. Rudolf Weiner aus Frankfurt.