Mithilfe eines Supergens imitieren die Insekten andere Arten, um sich vor Feinden zu schützen.

Paris. Bei Schmetterlingen zeigt sich ein erstaunliches Phänomen: Es gibt Exemplare, die nahezu gleich aussehen - obwohl sie zu unterschiedlichen Arten gehören. Dabei imitiert die durch Fressfeinde wie Vögel gefährdete Art das Flügelmuster einer anderen, ungenießbaren Art. Müllersche Mimikry heißt dieser Trick, benannt nach dem deutschen Biologen Johann Friedrich Theodor Müller.

Wie die Insekten diese Anpassung zustande bringen, hat jetzt ein Forscherteam um Mathieu Joron vom Naturkundemuseum in Paris herausgefunden. Für ihre Studie, die im Magazin "Nature" veröffentlicht worden ist, untersuchten die Forscher den am Amazonas lebenden Schmetterling Heliconius numata. Er imitiert unter anderem die in seiner Umgebung lebenden Melinaea, Unterarten des Monarchfalters.

Im Erbgut von Heliconius numata identifizierten die Forscher zunächst eine Gruppe von Genen, die auf einem einzelnen Chromosom sitzen und für die Farbmuster der Flügel verantwortlich sind. Im Zusammenspiel bilden diese Gene ein sogenanntes Supergen, das dafür sorgt, dass sich eher nachgeahmte Flügelmuster ausbilden. Nun sind Supergene an sich nichts Besonderes; sie sind in der Natur für diverse Merkmale verantwortlich: von der Form der Schlüsselblumen bis zum Muster von Schneckenschalen.

Doch im Erbgut von Heliconius existieren drei Versionen des gleichen Chromosoms - und jede Version kontrolliert eigene Flügelmuster, wie die Forscher herausfanden. Je nachdem, welche Version "geschaltet" wird, können die Tiere jeweils eine andere ungenießbare Art nachahmen. "Diese Schmetterlinge sind die 'Transformers' der Insektenwelt", sagt Joron in Bezug auf die Roboter-Triologie, deren dritter Teil aktuell in den Kinos läuft.