Die neu entdeckten wirbelförmigen Strukturen, bestehend aus nur etwa 15 Atomen, lassen sich vielleicht als Datenspeicher nutzen.

Hamburg. Materialien im Nanometer-Bereich - ein Nanometer misst ein Millionstel Millimeter - zählen zu den großen Hoffnungsträgern der Forschung. Denn in dieser Winzigkeit, als Atome oder Moleküle, können sie völlig andere physikalische oder chemische Eigenschaften aufweisen als die gleichen Stoffe in einem größeren Format - und deshalb bisher undenkbare Anwendungen ermöglichen. Physiker der Uni Hamburg hatten vor Kurzem ein sogenanntes Spintronik-Logik-Bauteil aus Atomen entwickelt, das keinen Strom benötigt und die Grundlage für neuartige Computerchips bilden könnte.

Nun hat ein anderes Physiker-Team der Hochschule unter der Leitung von Prof. Roland Wiesendanger zusammen mit Kieler und Jülicher Forschern eine im Nanometer-Bereich bisher unbekannte magnetische Ordnung entdeckt, die sich vielleicht für eine neue Generation von kleineren und leistungsfähigeren Datenspeichern nutzen lässt. Es handelt sich um sogenannte magnetische Skyrmionen, wirbelförmige Strukturen, die nur aus etwa 15 Atomen bestehen. Die Forscher fanden sie mithilfe eines Rastertunnelmikroskops in einer atomar dünnen Schicht Eisen auf einem Iridiumkristall, wie sie im Magazin "Nature Physics" berichten.

Die Existenz magnetischer Skyrmionen war bereits vor 20 Jahren vorhergesagt worden. Seitdem konnten die Strukturen zwar im Inneren von größeren Materialien nachgewiesen werden. "Uns ist es jedoch als Ersten gelungen, magnetische Skyrmionen an der Oberfläche eines Materials auf atomarer Skala sichtbar zu machen", sagt Roland Wiesendanger. Außergewöhnlich sei auch, dass die magnetischen Wirbel im Nanometer-Bereich ohne den Einfluss eines externen Magnetfelds existierten.

Bisher waren für Eisen zwei magnetische Zustände bekannt. Beim Ferromagnetismus richten sich die magnetischen Momente, die sogenannten Spins einzelner Teilchen, parallel aus, das heißt, die einzelnen Atome zeigen wie kleine Kompassnadeln in die gleiche Richtung. Beim Antiferromagnetismus hingegen richten die benachbarten Atome ihr magnetisches Moment gegensätzlich zueinander aus. In beiden Fällen bilden mehrere Eisenatome zusammen normalerweise Gitter in der Form eines Sechsecks.

Umso überraschter waren die Forscher, dass die etwa 15 Atome der Skyrmionen ein nahezu quadratisches, regelmäßiges Gitter bilden. Ob sich die Entdeckung für neue Datenspeicher nutzen lässt, hängt davon ab, ob sich die einzelnen Atome - die Kompassnadeln - durch elektrischen Strom manipulieren lassen. Das wollen die Forscher nun untersuchen. Würde etwa eine Drehung des Wirbels im Uhrzeigersinn als "Eins" codiert und die umgekehrte Drehung als "O", ließen sich auf den Skyrmionen Daten ablegen.