Forscher wollen die Wirksamkeit des Abwehrsystems in der Darmschleimhaut erhöhen

Hannover. Mit einer neuen Impfstoffstrategie wollen Forscher der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) Durchfallerkrankungen künftig besser bekämpfen. Dafür wollen sie Zellen des Immunsystems gezielter in die Darmschleimhaut bringen - die Eintrittspforte für Erreger und ihre Toxine.

Der Hintergrund: Die Fähigkeit, in den Darm zu wandern, ist bei einzelnen Abwehrzellen abhängig davon, in welchen Lymphknoten sie aktiviert wurden. Geschieht dies in den Lymphknoten des Darmes, wandern die Zellen vorrangig in die Darmschleimhaut. In für die Haut zuständigen Lymphknoten lernen Abwehrzellen, vorzugsweise die Haut zu schützen.

Derzeit werden Schutzimpfungen meist unter die Haut oder in den Muskel verabreicht und schützen oft nur unzureichend gegen Durchfallerreger, da die Aktivierung der Abwehrzellen nicht in den zuständigen Lymphknoten des Darmes stattfindet.

Durch Zugabe von Retinsäure wandern Immunzellen in die Darmschleimhaut

Anders als Hautlymphknoten besitzen Lymphknoten im Darm aber die Eigenschaft, dass sie vermehrt Retinsäure produzieren, die aus Vitamin A entsteht. Um den Immunzellen von vornherein den richtigen Weg zu weisen, haben die MHH-Forscher jetzt in ihrer Studie dem Impfstoff Retinsäure zugegeben. "Sie führt dazu, dass auf der Oberfläche der Zellen Schlüsselmoleküle hergestellt werden, sodass sie in die Darmschleimhaut einwandern", erklärt Prof. Reinhold Förster vom Institut für Immunologie der MHH.

Dr. Swantje Hammerschmidt aus der Arbeitsgruppe von Prof. Förster fand an Mäusen heraus, dass durch die Zugabe von Retinsäure bei einer unter die Haut verabreichten Impfung eine schützende Reaktion des Immunsystems im Verdauungstrakt erreicht wird. Die Mäusen bauten einen Schutz gegen Cholera-Toxin und Salmonellen auf.

Die Forscher gehen davon aus, dass sich mit Retinsäure die Wirksamkeit von Impfstoffen verbessern lässt. "Wahrscheinlich ist dieses Ergebnis auf alle Durchfallerreger übertragbar, auch auf Viren", sagt Förster. Aber es werde noch Jahre dauern, bis dieses Verfahren Eingang in die Praxis finde. Wichtig sei es vor allem für die Verhütung von Durchfallerkrankungen bei Kindern in Entwicklungsländern, aber auch für die Nutztierhaltung. "In den nächsten Studien wollen wir diese Strategie bei Durchfallerkrankungen von Nutzvieh untersuchen", sagt Förster.