Fünf deutsche Buchenwälder werden ausgezeichnet. Umweltverband fordert besonderen Schutz für weitere Gebiete.

Paris. Weiße, steil abfallende Kreidefelsen an der Ostseeküste und dichte Buchenwälder prägen den Nationalpark Jasmund im Nordosten der Insel Rügen. Jetzt hat die Unesco dieses Gebiet zusammen mit weiteren vier alten deutschen Buchenwäldern als Weltnaturerbe ausgezeichnet. Aufgenommen in die Liste wurden nach Angaben der Deutschen Unesco-Kommission von Sonnabend auch der Grumsiner Forst in Brandenburg, der Nationalpark Kellerwald-Edersee in Hessen, der Müritz-Nationalpark in Mecklenburg-Vorpommern und der Nationalpark Hainich in Thüringen. Sie repräsentierten die wertvollsten verbliebenen Reste großflächiger naturnaher Buchenbestände in Deutschland.

Nach Einschätzung der Unesco repräsentieren die alten Buchenwälder Deutschlands in herausragender Weise ein Ökosystem, das einen ganzen Kontinent geprägt hat, und ergänzen perfekt das bereits bestehende Weltnaturerbe "Buchenurwälder der Karpaten" in der Slowakei und in der Ukraine. Reste naturnaher Tiefland-Buchenwälder gibt es weltweit nur noch in Deutschland. Die Gebiete in der Slowakei und der Ukraine liegen in Bergen von bis zu fast 2000 Meter Höhe.

"Diese Wälder sind im weltweiten Vergleich einzigartig", sagte Heike Britz vom Bundesumweltministerium. Mit ihrem hohen Anteil an alten Bäumen, stehendem sowie liegendem Totholz und natürlichen Höhlen gelten sie als idealer Lebensraum für Fledermäuse und Höhlenbrüter. Die Zahl der Tier-, Pflanzen- und Pilzarten in den Buchenwäldern wird auf 10 000 geschätzt. "Heute ist ein großer Tag für den Naturschutz in Deutschland", sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen. Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland, forderte die Bundesregierung auf, die Entscheidung mit einem nationalen Schutzprogramm für weitere Buchenwälder zu ergänzen.

Die ausgezeichneten Waldgebiete sind unterschiedlich groß. Der Nationalpark Jasmund ist mit einer Größe von 3000 Hektar der kleinste in Deutschland. Rund 2100 Hektar sind Waldfläche, von denen wiederum rund 80 Prozent Buchenwälder sind. Die Buchenwälder von Serrahn sind Teil des größten deutschen Nationalparks im Binnenland - des Müritz-Nationalparks an der Mecklenburgischen Seenplatte. Mit 6200 Hektar nimmt das "wilde Teilgebiet" Serrahn etwa ein Fünftel des Großschutzgebietes ein. Weltnaturerbe-würdig sind die uralten Buchenwälder auf 244 Hektar Fläche. Die ältesten Buchen sind zwischen 200 und 300 Jahre alt, auch viele abgebrochene und umgestürzte Bäume prägen die hügelige, von Teichen durchzogene Landschaft.

Der Buchenwald Grumsin im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin hat seit mehreren Hundert Jahren fast flächendeckend als Laubwald überdauert. Nach 1945 wurde das Areal zum Staatsjagdgebiet der DDR. Weil der Wald nicht betreten werden durfte, konnten sich seltene Tierarten entfalten. Seit 1990 ist der Grumsin ein bedeutender Teil der Kernzone des Reservats. Dort befinden sich auch zahlreiche Moore und Kleingewässer. In dem Wald gibt es zudem einen hohen Anteil an Altholz. Das als Unesco-Weltnaturerbe anerkannte Gebiet ist insgesamt 670 Hektar groß.

Uralte, knorrige Buchen sind das Markenzeichen des Kellerwaldes in Nordhessen. Das Gebiet Kellerwald-Edersee mit den Urwaldresten der Buchenwälder wurde am 1. Januar 2004 zum Nationalpark. Auf einer Fläche von knapp 6000 Hektar schützt er südlich des Edersees einen der großen Rotbuchenwald-Bestände Mitteleuropas. Der 7500 Hektar große Nationalpark Hainich im Westen Thüringens wurde Ende 1997 gegründet. Das geschützte Buchenwald-Gebiet mit seltenen Tieren und Pflanzen wie Wildkatze und Orchideen ist eingebettet in den Naturpark Eichsfeld-Hainich-Werratal. Rund 2100 Hektar im Hainich sind Totalreservat, in dem keine Forstwirtschaft erlaubt ist. Das Gebiet war jahrzehntelang Truppenübungsplatz. Der Hainich, der 15 000 Hektar umfasst, gilt als einer der größten zusammenhängenden Buchenwälder Europas.

Die Auszeichnung erfolgte durch das Unesco-Welterbekomitee. Das Gremium, dem Experten aus 21 Ländern angehören, prüft jährlich, welche von den Mitgliedstaaten vorgeschlagenen Stätten neu in die Liste des Kultur- und Naturerbes aufgenommen werden. Voraussetzung ist, dass die Stätten die Kriterien der Welterbekonvention erfüllen. Wesentliche Kriterien sind der "außergewöhnliche universelle Wert", die "Authentizität" eines Kulturdenkmals und die "Integrität" einer Naturerbestätte. Zudem muss ein überzeugender Managementplan die zukünftige Erhaltung sicherstellen.

Die Entscheidung, ob der Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer ebenfalls zum Weltnaturerbe ernannt wird, soll heute fallen.