Forscher entschlüsseln bei der Schlafkrankheit die Fortbewegungsmuster des Erregers

Göttingen. Der Erreger der Schlafkrankheit, die in Afrika und Südamerika jährlich Tausende Todesopfer fordert, gehört zu den mobilen Einzellern: Er schwimmt durch den Blutkreislauf seines Wirtes, bis er schließlich ins Gehirn seines Opfers vordringt. Um die tödliche Krankheit gezielt zu bekämpfen, versuchen Forscher die Fortbewegungsweise der Erreger genau zu verstehen. Forschern vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation (MPIDS) sowie den Universitäten Würzburg, Göttingen und Basel ist es nun gelungen, drei Arten der Fortbewegung des Einzellers zu identifizieren. Zudem fanden sie heraus, dass diese mit der Form und Steifheit der Parasiten zusammenhängen.

Die deutsch-schweizerische Forschergruppe konnte zeigen, dass der Erreger Trypanosoma brucei brucei, der Rinder befällt, zu drei Fortbewegungsarten fähig ist: Während sich die einen mehrere Sekunden lang in dieselbe Richtung bewegten, torkelten andere wie betrunken hin und her. Eine dritte Klasse wechselt zwischen beiden Fortbewegungsmustern.

Um zu untersuchen, warum eine Zelle eine bestimmte "Gangart" bevorzugt, war ein genauer Blick auf die Trypanosomen nötig. "Zunächst mussten wir dazu eine Zelle über einen bestimmten Zeitraum verfolgen und das Fortbewegungsmuster identifizieren", so Sravanti Uppaluri vom MPIDS. Danach konnte die Forscherin mithilfe von Hochgeschwindigkeitsmikroskopen einen Blick auf die anatomischen Eigenheiten der Zellen werfen. Das Messen des Abstandes zwischen den Zellenden ergab, dass zielgerichtete Schwimmer eine gestrecktere Form haben und somit steifer sind als ihre torkelnden Brüder. Diese erwiesen sich als gekrümmt, was auf einen flexibleren Zellkörper schließen lässt. Der Grund für die anatomischen Unterschiede der Trypanosomen ist bisher unklar.

Vor einigen Jahren bereits hatten die Würzburger Forscher mit ihren Kollegen vom MPIDS entdeckt, dass rasches Schwimmen den Trypanosomen hilft, Antikörpern zu entgehen. Denn die Strömung, die dabei über die glatte Oberfläche der Erreger streicht, reißt die Antikörper stromabwärts in Richtung Zellmund, wo sie "gefressen" werden. In einem nächsten Schritt wollen die Wissenschaftler deshalb untersuchen, in welcher "Gangart" diese Überlebensstrategie besonders gut oder aber besonders schlecht funktioniert. "Möglicherweise sind die Trypanosomen, die wahllos hin und her torkeln, angreifbarer als ihre stromlinienförmigeren Kollegen", sagt Thomas Pfohl von der Universität Basel. Das genaue Verständnis der Bewegungsmuster könnte so helfen, einen Ansatz zu finden, die Parasiten gezielt zu bekämpfen.