Potsdamer Forscher werteten fossile Ablagerungen an der nordamerikanischen Atlantikküste aus

Potsdam. Der Meeresspiegel ist infolge des Klimawandels seit Beginn der Industrialisierung schneller gestiegen als je zuvor in den vergangenen 2000 Jahren. Das berichtet ein internationales Team um Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Anhand von fossilen Ablagerungen an der nordamerikanischen Atlantikküste erstellte die Gruppe die erste durchgehende Rekonstruktion der Meeresspiegelschwankungen über einen so langen Zeitraum.

Die Daten zeigen vier Phasen. Von 200 vor Christus bis 1000 nach Christus war der Meeresspiegel stabil. Ab dem 11. Jahrhundert stieg er 400 Jahre lang um etwa fünf Zentimeter pro Jahrhundert an. Diesen Anstieg konnten die Forscher in Modellrechnungen mit der mittelalterlichen Warmperiode erklären. Gefolgt war der Anstieg von einer weiteren stabilen Periode mit kühlerem Klima, die bis ins späte 19. Jahrhundert reicht. Seither ist der Meeresspiegel um rund 20 Zentimeter angestiegen.

Das wärmere Klima lässt das Landeis schmelzen, so steigt der Meeresspiegel

Die Studie erhärte die Annahme, so Rahmstorf, dass der Meeresspiegel umso rascher steigt, je wärmer es wird: "Der Mensch heizt das Klima immer weiter auf, daher schmilzt das Landeis immer rascher, und der Meeresspiegel steigt immer schneller."

Die Wissenschaftler untersuchten fossile Kalkschalen von Einzellern, die sie in Bohrkernen aus Salzwiesen an der Ostküste Nordamerikas fanden. Weil diese Einzeller jeweils in einer ganz bestimmten Höhe abhängig von Ebbe und Flut leben, zeigen Menge und Art der gefundenen Kalkschalen das Meeresniveau an. Der lokale Befund sei auf den globalen Meeresspiegelanstieg übertragbar; dieser sei wahrscheinlich sehr ähnlich verlaufen.