Ergebnisse amerikanischer Physiker konnten Kollegen nicht reproduzieren

Chicago. Eine Sensation schien sich anzubahnen, als Anfang April Physiker des Labors Fermilab in Chicago bekannt gaben, sie hätten bei einem Experiment mit dem Teilchenbeschleuniger Tevatron ungewöhnliche Daten entdeckt. Ein Hinweis auf neue Elementarteilchen, womöglich gar auf eine noch unbekannte, fünfte Grundkraft der Physik? Obwohl ihre Daten bis dahin nicht von anderen Wissenschaftlern geprüft worden waren, sahen die Fermilab-Forscher Großes voraus: Die Beobachtungen könnten "zu einer völlig neuen Welt der Kräfte führen", sie hätten "ganz andere Merkmale" als die vier anerkannten Grundkräfte der Physik, sagte etwa Giovanni Punzi, Sprecher der 440-köpfigen CDF-Collaboration.

Das war wohl etwas zu hoch gegriffen. Physiker der ebenfalls am Fermilab forschenden DZero-Collaboration sind dem Analyseverfahren ihrer Kollegen "so genau wie möglich" gefolgt. "Wir haben zwei Billionen Partikelkollisionen untersucht", sagte DZero-Sprecher Dmitri Denisov. Einen überraschenden Überschuss in den Messkurven, wie von den CDF-Forschern berichtet, habe sein Team jedoch nicht finden können.

Beide Forschergruppen suchen das sogenannte Higgs-Boson. Das auch als "Gottesteilchen" bekannte Partikel verleiht der Theorie nach allen anderen Elementarteilchen ihre Masse; es ist das letzte Teilchen im Standardmodell der Teilchenphysik, das noch nicht nachgewiesen werden konnte.

Schon bei der Veröffentlichung von Fermilab im April hatte es Zweifel gegeben, ob die Daten wirklich aussagekräftig sind. Physiker bezeichnen das statistische Maß für die Abweichung von einer Norm als Standardabweichung. Bei fünf Standardabweichungen sprechen sie von einer neuen Entdeckung - die Daten von Fermilab zeigten aber nur 3,2 Standardabweichungen.

Zu den Akten legen will Fermilab die Daten aber nicht. Die Unterschiede zwischen den Studien von der CDF- und der DZero-Collaboration müssten geklärt werden, teilte das Fermilab-Labor mit. Dazu werde jetzt eine "Taskforce" gebildet.