Heute Nacht erlebt Deutschland eine totale Mondfinsternis. Die längste seit elf Jahren

Hamburg. Das TV-Programm? Kino? Musical oder Theater? Alles nicht konkurrenzfähig. Das spektakulärste Schauspiel findet heute Abend am Himmel statt: Die Erde steht auf einer geraden Linie zwischen Sonne und Mond, deshalb wandert der Mond zentral durch den Schatten, den die von der Sonne angestrahlte Erde ins Weltall wirft. Vier Stunden und 40 Minuten wird das Ereignis dauern und damit die längste totale Mondfinsternis seit elf Jahren sein.

Bei einer Sonnenfinsternis ist es umgekehrt: Dann zieht der Neumond von der Erde aus gesehen vor der Sonne vorbei und wirft seinen Schatten auf unseren Planeten. Das Ergebnis ist je nach Beobachtungsort eine teilweise, ganz selten auch eine totale Verfinsterung der Sonne.

Bei einer totalen Mondfinsternis wie heute Abend wird der Erdtrabant allerdings nicht unsichtbar, vielmehr schimmert er in dieser Phase oft in tiefroten und braunen Farben. Manche Sterngucker sprechen deshalb von einem "Blutmond". Das mitunter gespenstisch anmutende Phänomen kommt durch die Erdatmosphäre zustande: Dort wird ein Teil des Sonnelichts abgelenkt - in den Schatten der Erde im Weltall hinein. Dabei wirken kleinste Schwebeteilchen in der Lufthülle wie ein Farbfilter: Die langwelligen Lichtanteile lassen sie durch. Je mehr solcher Partikel sich in der Atmosphäre befinden, desto intensiver das Rot. "Wir kennen diesen Effekt auch von der Sonne: Geht sie auf oder unter, wird sie manchmal rötlich verfärbt", sagt Thomas Kraupe, Direktor des Hamburger Planetariums.

Bevor der Mond rot anläuft, taucht er zunächst in den so genannten Halbschatten, was an einem trüben Schleier auf dem Trabanten erkennbar ist. Erst wenn der Mond in den sogenannten Kernschatten der Erde eintritt, beginnt das intensive Farbenspiel. Beim Austritt aus dem Kernschatten verliert sich die rote Farbe langsam gegen den weißgelblichen Schein des Vollmonds

Wenn der Mond in den Kernschatten tauche, seien zwei Bewegungen zu verfolgen, sagt Thomas Kraupe: Die Erddrehung, die sich im Mondaufgang spiegelt und die Bewegung des Mondes durch die Sterne. Der Mond bewegt sich in einem Monat um die Erde, in einer Stunde bewegt er sich am Himmel um ein halbes Grad seines Durchmesser weiter, sagt Thomas Kraupe. Dabei läuft der Erdtrabant von West nach Ost, also der scheinbaren Drehung des Himmels entgegen (tatsächlich dreht sich ja die Erde, nicht der Himmel). Deshalb verschwindet zuerst der linke Teil des Mondes im Schatten der Erde und taucht am Ende der Finsternis auch zuerst wieder auf. "Die Bewegung des Mondes ist während einer Mondfinsternis besonders schön zu verfolgen", sagt Kraupe. Nicht bei jedem Vollmond komme es zu einer Mondfinsternis, denn die Bahn des Mondes sei gegen die scheinbare Sonnenbahn und gegen die Ebene der Erdbahn um etwa fünf Grad geneigt. "Nur wenn der Vollmond nahe einem der beiden Kreuzungspunkte der Bahnen steht, kann es eine Mondfinsternis geben."

Das Schauspiel heute Abend ist von jedem Ort in Deutschland sichtbar, sofern das Wetter mitspielt. Die Prognosen sind gut: Der Deutschen Wetterdienst erwartet, dass der Himmel fast überall hierzulande klar sein wird; nur am Alpenrand und an der Küste könnten ein paar Wolkenfelder durchziehen.

Die totale Finsternis beginnt um 20.23 Uhr, doch dann ist davon noch nichts zu erkennen, denn von Deutschland aus gesehen ist der Mond zu dieser Uhrzeit noch nicht aufgegangen. Von Hamburg aus betrachtet geht der Mond um 21.43 Uhr auf; er steht dann schon im Kernschatten der Erde. "So dicht am Horizont und in der hellen Dämmerung dürfte dies aber zunächst nicht zu beobachten sein", sagt Thomas Kraupe. Deshalb müssten sich Sternengucker bis 22.30 Uhr gedulden. "Dann aber werden wir bei klarer Sicht eine besonders schöne Mondfinsternis sehen."

Ein außergewöhnliches Fotomotiv, mit der Erde im Vordergrund. Allerdings sollte man bedenken, dass der verfinsterte Mond lichtschwach ist. Zu lange sollte die Belichtungszeit dennoch nicht gewählt werden, weil dies zu einem unscharfen Bild des Mondes führen kann. Eile ist jedoch nicht nötig: Da der Mond erst um 23.03 Uhr den Kernschatten verlässt, bleibt genug Zeit für die richtigen Einstellungen.

Die nächste totale Mondfinsternis findet am 10. Dezember 2011 statt.