Das Wettrennen in der Computerspielbranche wird härter. Mit diesen Neuheiten wollen die Konzerne punkten

Los Angeles. Die Welt der Unterhaltungselektronik erinnert bisweilen an den Wettlauf zwischen Hase und Igel. Es ist nur nicht immer ganz leicht, zu sagen, wer der Hase und wer der Igel ist. Wenn heute in Los Angeles die "Electronic Entertainment Expo", eine der weltweitgrößten Messen für Videospiele zu Ende geht, wird es wieder einmal keinen eindeutigen Sieger geben. Allem, was nicht mindestens eine Revolution ist, haftet in der schnelllebigen Branche bald der Ruch der Langeweile an. Etwas wirklich Neues aus dem Hut zu zaubern, wird immer schwieriger. Mit welchen Mitteln, Hardware wie Software, versuchen es die großen Konzerne dennoch?

Ins Rennen geworfen wurden in diesem Jahr vor allem zahlreiche Fortsetzungen altbekannter Erfolgsserien sowie zwei neue Konsolen.

Microsoft

Mit seiner Kinect-Kamera hat Microsoft die Spielsteuerung bereits im vergangenen Jahr revolutioniert. Um die digitalen Helden zu steuern, braucht man dank der Hightech-Kamera kein Eingabegerät mehr, sondern kämpft sich mittels Gesten und Sprachkommandos durch die interaktiven Abenteuer - künftig auch durch das "Star Wars"-Universum, ein virtuelles Disneyland und die "Sesamstraße".

Den Spieler verwandelt die magische Kamera nun in Sekunden in eine knuffige Comic-Figur, einen sogenannten Avatar, der seinem Vorbild einschließlich Haarschnitt und Garderobe verblüffend ähnlich sieht.

Kinder können ihr Spielzeug einscannen und auf dem Bildschirm zu neuem Leben erwecken, indem sie beispielsweise selbst in die Rolle ihres Lieblingsstofftiers schlüpfen. Und schließlich wird man sich künftig auch mit Gesten- und Sprachsteuerung durchs TV-Programm zappen können - zumindest in den USA und in einigen europäischen Ländern wie Frankreich und Großbritannien.

In Deutschland hinkt der Ausbau von Microsofts Online-Dienst Xbox Live als zentrale Unterhaltungsplattform im Wohnzimmer noch immer hinterher.

Sony

Bei Sony wäre man indessen froh, wenn man das Playstation Network überhaupt wieder dauerhaft zum Laufen bekommen würde. Seit der Dienst an Ostern dieses Jahres einem Hackerangriff zum Opfer fiel, läuft bei den Japanern nichts mehr rund.

Dafür enthüllte man in Los Angeles die lang erwartete neue Taschenkonsole, die nun auch einen offiziellen Namen hat: Playstation Vita. Eine Kampfansage an den Marktführer Nintendo ist zumindest der Preis. Vita soll noch in diesem Jahr weltweit ab 249 Euro zu haben sein.

Dafür bietet das Handheld wirklich alles, was man von einer mobilen Konsole heute erwarten kann, unter anderem einen brillanten OLED-Touchscreen mit hoher Auflösung, eine ebenfalls berührungsempfindliche Rückseite und eine Anbindung ans Internet.

Mit einer "Near 2" getauften Applikation können Vita-Besitzer zudem andere Nutzer in ihrer näheren Umgebung aufspüren. Über eine entsprechende Funktion verfügt allerdings auch schon Nintendos 3DS.

Auch Online-Chats per Text und Sprache werden mit Vita möglich sein. Doch es wird nicht leicht werden, sich gegen die Masse der internetfähigen Mobiltelefone durchzusetzen, für die es heute schon mehr Spiele gibt, als ihre Besitzer je werden spielen können. So wird die portable Playstation wohl, wie bereits ihr Vorgänger PSP, als mobile Hightech-Konsole für eingefleischte Gamer einen Nischenplatz erobern.

Nintendo

Genau die Zielgruppe der Spielefreaks vernachlässigt zu haben, ist der Vorwurf, dem sich Nintendo seit geraumer Zeit ausgesetzt sieht. Auf der Pressekonferenz in Los Angeles zeigten die Japaner zunächst eine Fülle von 3-D-Titeln für die aktuelle Taschenkonsole 3DS - darunter natürlich die unvermeidlichen Megastars Super Mario, Pokémon und Link, den Helden der legendären "Zelda"-Serie, die in diesem Jahr ihr 25. Jubiläum feiert.

Den Sprung in HD-Zeitalter hat Nintendo im Gegensatz zur Konkurrenz bislang nicht gewagt. Das soll sich 2012 ändern. Dann wird die neue Spielkonsole namens Wii U erscheinen, die laut Nintendo-Chef Satoru Iwata nicht nur die breite Masse, sondern endlich auch wieder passionierte Vielspieler ansprechen soll.

Im Zentrum des Interesses steht dabei der Controller. Der verfügt über einen 6,2 Zoll (15,7 Zentimeter) großen Touchscreen, der Zusatzinhalte zum Spiel wie etwa alternative Perspektiven liefert. Wird der Fernseher von einem anderen Familienmitglied beansprucht, lässt sich das Geschehen auch kurzerhand auf den kleinen Bildschirm verlagern - dann allerdings nicht mehr in Full-HD, sondern in etwas geringerer Auflösung.

Wer Nintendo kennt, der weiß, dass der Konzern und seine Partner aus diesem Ansatz gehörig Funken schlagen werden. Electronic Arts, Ubisoft, Sega, Warner, Tecmo, THQ - so ziemlich alles, was Rang und Namen hat, kündigte in Los Angeles Spiele für Wii U an. Andererseits: ein Touchscreen als zentrales Spielelement? Das ist in Zeiten der Tablet-PC-Welle und mehr als sechs Jahre nach der Einführung des DS nun wirklich keine Revolution mehr.

Da ist es also wieder, das (computerspielerische) Wettrennen zwischen dem Hasen und dem Igel. Wer dabei der Hase und wer der Igel ist, das entscheiden aber letztlich die Käufer.