Durch höhere Temperaturen und mehr Niederschläge könnten die Marschen vernässen und die Geest im Sommer stärker austrocknen

Sauberes Wasser bedeutet ein Stück Lebensqualität, besonders für Hamburg, das von der Elbe und ihren Nebenflüssen geprägt wird. Dass der Boden dabei eine entscheidende Rolle spielt, wird oft vergessen. Böden sind nämlich echte Multitalente. Als Bindeglied zwischen der Atmosphäre und dem unbelebten Gestein dienen sie als Filter, Speicher und Puffer. Sie regulieren den Wasser- und Wärmehaushalt - und damit auch das Klima in der Stadt. Umgekehrt können Klimaänderungen die Funktion der Böden beeinträchtigen. Dies untersuchen meine Kollegen und ich im Institut für Bodenkunde am KlimaCampus.

Was viele Hamburger nicht wissen: Ihre Region ist außerordentlich reich an verschiedenen Bodentypen. Aufgrund der besonderen Landschaft kommen bei uns auf engem Raum fast alle in Deutschland verbreiteten Böden vor. Den Löwenanteil bestreiten die Marschen. Diese fruchtbaren Grundwasserböden auf Höhe des Meeresspiegels werden intensiv für die Landwirtschaft genutzt. Deshalb sind die Vier- und Marschlande auch als Obst- und Gemüsekammer der Stadt bekannt.

Der Klimawandel könnte das System allerdings aus dem Gleichgewicht bringen: So zeigen regionale Modellrechnungen, dass in den nächsten neunzig Jahren die Temperaturen um 2,9 Grad Celsius im Mittel steigen werden. Gleichzeitig erwarten wir mehr Niederschläge, wobei es zu einer saisonalen Verschiebung kommt. Die Sommer werden tendenziell trockener, die Winter nasser und wärmer. Die Folge: Die Böden müssten im Winter mehr Wasser aufnehmen, sie vernässen, und der Grundwasserspiegel steigt. Die betroffenen Anbauflächen könnten dann nur noch mithilfe von zusätzlichen Entwässerungssystemen bearbeitet werden.

Ein Anstieg des Meeresspiegels würde die Situation weiter verschärfen. Die Elbe und ihre Nebenflüsse werden dann voraussichtlich mehr Wasser führen und häufiger über die Ufer treten. Doch die vernässten Böden können kein weiteres Wasser aufnehmen und verlieren ihre Pufferwirkung. Dies stört außerdem auch die natürliche Reinigungsfunktion: Wenn Schadstoffe im Boden versickern, wirken intakte Böden als Filter. Bei einem hohen Wasserstand dagegen werden sie weiter transportiert und verschmutzen dann größere Flächen.

Zusätzlich würde eine regionale Temperaturerhöhung die Böden aufheizen. Sind sie gleichzeitig sehr nass, werden verstärkt organische Substanzen abgebaut. Wertvolle Humusreserven gehen verloren. Unsere Ergebnisse zeigen, dass in Marschen und Mooren im Unterelberaum in diesem Fall vermehrt Methan gebildet und freigesetzt wird - ein 26-mal stärkeres Treibhausgas als Kohlendioxid.

Die Vernässung der Marschen ist aber nur eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite trocknen im Sommer die höher gelegenen Geestflächen zunehmend aus. Dadurch wird die Neubildung des Grundwassers gestört. Gärten und Grünanlagen müssen dann mühsam und teuer bewässert werden. Das ist eine Entwicklung, die sich schon heute abzeichnet.

Unsere Analysen des Bodens liefern den Behörden und den Stadtplanern die Grundlage, um geeignete Anpassungsstrategien zu entwickeln. Ein wichtiger Schritt hierfür wäre es, in dem Hamburger Bodenschutzgesetz künftig auch die Klimafunktion der Böden zu verankern.