Das neuartige U-Boot des Briten soll sogar den Marianengraben im Westpazifik ansteuern - auch zu wissenschaftlichen Zwecken.

Newport Beach. Nur wenige Hundert Meter tief dringt das Sonnenlicht ins Meer - über die Welt weiter unten wissen wir weniger als über den Mond. Kälte, Dunkelheit und enormer Druck machen die Tiefsee aber nur scheinbar zu einer lebensfeindlichen Sphäre; tatsächlich bevölkert eine Vielzahl noch wenig erforschter Kreaturen die Finsternis: Vom bizarren Tiefsee-Angler, der über spitze Fangzähne verfügt, aber kaum größer wird als 40 Zentimeter, bis hin zu Riesenkalmaren, die ihre Beute mit meterlangen Tentakeln umschlingen. Dort unten wartet das Abenteuer, und deshalb war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, bis der derzeit bekannteste (oder zumindest reichste) aller Abenteurer sich aufmachen würde, mehr Licht ins Dunkel zu bringen: Richard Branson, 60.

Im kalifornischen Newport Beach stellte der britische Milliardär zusammen mit dem Investor Chris Welsh ein Ein-Mann-Unterwasserfahrzeug vor, das an die jeweils tiefste Stelle der fünf Weltmeere vordringen soll. Branson, Gründer des Virgin-Imperiums mit der Fluggesellschaft Virgin Atlantic Airways, hatte zuletzt vor allem von sich reden gemacht, weil er an einem Angebot für Weltraumtouristen arbeitet. Spätestens 2012, ließ er mehrfach verlauten, wolle er mit seinem futuristischen Raumschiff "SpaceShipTwo" private Kurzflüge ins All anbieten. Nun also die Tiefsee.

"Zugegeben, erst dachte ich, dies sei gefährlich", sagte Branson vor Reportern. Der US-Abenteurer Steve Fossett hatte den Tiefseetaucher "Deep Flight Challenger" einst in Auftrag gegeben. Im Simulator hielt das Tauchboot massivem Wasserdruck stand, doch nach dem tödlichen Flugzeugabsturz Fossetts im September 2007 wurde das Projekt vorübergehend eingestellt. Chris Welsh investierte nach eigenen Angaben eine Million Dollar und gewann schließlich Branson für das Projekt. Der schwärmte: "Die Tiefen der Weltmeere zu erobern ist die letzte große Herausforderung für die Menschheit." Am Steuer des U-Bootes, das äußerlich an ein Raumschiff erinnert und zehn Kilometer tief tauchen können soll, wird zwar überwiegend sein Mitinvestor Chris Welsh sitzen, auch er ein Abenteurer. Mindestens einen der Tiefsee-Punkte will Branson jedoch selbst ansteuern.

Wenn alles nach Plan laufe und die Tests des Drucksystems erfolgreich seien, werde es Ende dieses Jahres losgehen. Das U-Boot könne 24 Stunden tauchen, dabei solle es die Unterwasserwelt filmen. Schon die erste Mission ist waghalsig: Welsh soll den tiefsten Punkt der Weltmeere ansteuern: den Marianengraben im Westpazifik, der an manchen Stellen rund 11 000 Meter unter dem Meeresspiegel liegt. Branson steht für diese erste Fahrt als Ersatzmann bereit. In jedem Fall aber will der Brite zum Puerto-Rico-Graben abtauchen - und dort zum tiefsten Punkt des Atlantiks in etwa 9000 Meter Tiefe.

Die Menschen, die Tiefen unterhalb von 6000 Metern erreichen - Branson sprach lieber von 20 000 Fuß -, nannte der Milliardär "Aquanauten". "Bei Virgin glauben wir, dass Tausende Menschen gerne die Ozeane erkunden und Aquanauten werden möchten", sagte er mit Blick auf einen möglichen kommerziellen Einsatz der U-Boote. Das Projekt habe aber auch einen ernsthaften wissenschaftlichen Hintergrund. Aus wissenschaftlicher Sicht komme das Vorhaben der Erkundung des Amazonas-Gebietes gleich.

Sein Tauchpilot Chris Welsh äußerte sich weniger hochtrabend; er sehe durchaus ein erhebliches Risiko bei den Expeditionen. Das Boot wird teilweise einem Druck ausgesetzt sein, der tausendmal höher ist als der Luftdruck in der Atmosphäre. Damit das Gefährt diesen Belastungen standhält, wurde es aus Carbon und Titan gebaut.

Branson sagte, ein Abenteurer müsse auf alle Risiken vorbereitet sein. Ob er aber unter Wasser tatsächlich seine Ziele erreichen wird, muss sich noch erweisen. In der Luft jedenfalls gelang ihm dies zuletzt nicht: Sein Versuch, die Erde in einem Ballon zu umrunden, scheiterte mehrmals.