In Hamburg diskutierten Minister und Fachleute aus fünf norddeutschen Bundesländern auf einer Konferenz über die Folgen des Klimawandels.

Hamburg. Noch sind die Deiche an der Nordseeküste hoch genug: Bis 2030, haben Experten berechnet, sollten die Bollwerke ausreichend Schutz bieten, obwohl Sturmfluten bis dahin 30 Zentimeter höher auflaufen könnten als heute. Bis zum Ende des Jahrhunderts allerdings könnten die Wasserpegel noch weitaus höher ausfallen. Schleswig-Holstein hat deshalb schon 2009 beschlossen, die Deiche um einen halben Meter zu erhöhen und zu verbreitern, um später womöglich noch einmal draufzusatteln. Bremen und Niedersachsen sind aktuell dabei, ihre Deiche aufzustocken, sagten Bremens Umweltsenator Reinhard Loske und Niedersachsens Umweltminister Hans-Heinrich Sander gestern in Hamburg.

Sie waren mit Hamburgs neuer Umweltsenatorin Jutta Blankau, Schleswig-Holsteins Umweltministerin Juliane Rumpf und Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschafts- und Arbeitsminister Jürgen Seidel zur Konferenz "Klimaanpassung Küstenregion" zusammengekommen, um mit 400 Fachleuten über die Folgen des Klimawandels zu diskutieren. Die Tagung ist der Auftakt einer Serie von Regionalkonferenzen, eine weitere für die Küstenregion findet Ende 2012 in Bremerhaven statt.

Der durch den Menschen verursachte Klimawandel ist unbestreitbar, darin sind sich Fachleute einig. Unklar ist allerdings, wie umfangreich die Folgen sein werden, denn das ist abhängig von den Treibhausgasemissionen und der Zukunft der großen Eisschilde an Nord- und Südpol. Unklar ist auch, wie die Menschen sich den Folgen des Klimawandels anpassen müssen.

Der erste Konferenztag lieferte eine Bestandsaufnahme für Norddeutschland. Dem weltweiten Trend entsprechend werde auch in Norddeutschland die Jahresdurchschnittstemperatur steigen, sagte Paul Becker vom Deutschen Wetterdienst. Prognosen gehen von zwei bis 4,7 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts aus. Es werde mehr Sommer- und weniger Frosttage geben, zudem sei mit mehr Niederschlag zu rechnen, allerdings hauptsächlich im Winter, so Becker. Die Windgeschwindigkeiten hingegen würden sich "nicht nennenswert" erhöhen. Während Experten davon ausgehen, dass sich diese Klimafolgen weltweit beschleunigen werden, sei dies bisher für Norddeutschland nicht absehbar, sagte Prof. Hans von Storch vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht.

Die Hamburger dürfte diese Prognose ohnehin nicht beunruhigen, denn sie ängstigen sich kaum vor Stürmen, Starkregen und Hitzewellen infolge des Klimawandels, wie 2010 eine Forsa-Umfrage für das Helmholtz-Forschungszentrum GKSS ergab. Um eine andere Folge des Klimawandels machen sich die Menschen in der Stadt allerdings große Sorgen: 84 Prozent der Befragten befürchten stärkere Sturmfluten. Diese Sorge ist berechtigt: Dem weltweiten Trend entsprechend steige auch vor den deutschen Küsten der Meeresspiegel, bis 2100 womöglich um bis zu 80 Zentimeter, sagte Hans von Storch. "Allerdings gibt es bei diesen Prognosen eine hohe Unsicherheit." Dennoch werde dies an der Nordsee stärkere Sturmfluten zur Folge haben; sie könnten bis 2100 womöglich bis zu 1,10 Meter höher auflaufen - mit Folgen für die Elbe und für Hamburg.

Wie sich auf Dauer tiefliegende Gebiete an Nord- und Ostsee bewirtschaften und besiedeln lassen, welche Herausforderungen auf den Tourismus zukommen, wie Häfen mit dem Klimawandel umgehen müssen, wollen die norddeutschen Bundesländer künftig zusammen besprechen. "Die Anpassung an den Klimawandel erfordert, dass wir interdisziplinär und zwischen den Ministerien zusammenarbeiten", sagte Prof. Daniela Jacobs vom Climate Service Center in Hamburg. Mit Alleingängen müsse Schluss sein.