Französische Forscher finden Belege, dass die Schuppenkriechtiere Abkömmlinge von Landeidechsen sind und nicht aus dem Meer stammen

Paris. Bevor die Urahnen der Schlangen vor Jahrmillionen ihre Beine verloren, lebten sie vermutlich auf dem Land und nicht in den Ozeanen. Das schließt ein französisch-deutsches Forscherteam aus einem ungewöhnlichen Fund: Durch ein modernes Röntgenverfahren ist es den Paläontologen gelungen, ein in Gestein verborgenes fossiles Hinterbein einer Schlange sichtbar zu machen. Dabei fanden sie heraus, dass das versteckte Glied den Beinen von modernen Landeidechsen sehr ähnelt.

Die Wissenschaftler spekulieren daher, dass Schlangen ursprünglich von Eidechsen abstammen, die auf dem Land lebten, und nicht, wie manche Wissenschaftler zuvor vermutet hatten, von Meerestieren. Sie hoffen, dass ihre Forschungsergebnisse nun dazu beitragen, die Meinungsverschiedenheiten über die stammesgeschichtliche Entwicklung der Schlangen zu klären. Über ihre Studienergebnisse berichten die Forscher um Alexandra Houssaye vom Museum National d'Histoire Naturelle in Paris in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Journal of Vertebrate Paleontology".

Paläontologen sind sich einig, dass sich Schlangen im Laufe der Evolution aus echsenartigen Vorfahren entwickelt haben. Ob diese terrestrisch oder aquatisch lebten, ließ sich bisher aufgrund einer dünnen Beweislage nicht sagen, denn es existieren weltweit nur drei fossile Schlangen mit erhaltenen Hinterbeinknochen - genau den Körperteilen also, die für die Herkunftsbestimmung der Schlangen unverzichtbar sind.

Eines der seltenen Fossilien wurde vor zehn Jahren in einem 95 Millionen Jahre alten Felsen im Libanon gefunden und gehört zur ausgestorbenen Gattung Eupodophis. Das Reptil ist etwa 50 Zentimeter lang und hat ein kleines, zwei Zentimeter langes Bein, das sich in der Nähe der Schwanzspitze befindet. Schon lange vermuteten die Wissenschaftler, dass sich ein zweites Bein im Stein verbirgt.

Das konnten die Wissenschaftler um Houssaye jetzt bestätigen: Durch sogenannte Synchrotron-Laminografie gelang es ihnen, mithilfe von starken Röntgenstrahlen das versteckte Glied sichtbar zu machen und mikroskopische Feinheiten im Tausendstelmillimeterbereich zum Vorschein zu bringen. Und das, ohne dabei das einzigartige Fossil zerstören zu müssen.

Die Untersuchungen zeigten, dass das Bein am Knie gebeugt ist und vier Knöchel, aber weder Fuß- noch Zehenknochen hat. Damit ähnelt das verborgene Reptilienglied den Beinen von modernen Landeidechsen.

Daher, so schließen die Forscher, haben sich die gliederlosen Schlangen vermutlich aus auf dem Land lebenden Eidechsen entwickelt. "Die Enthüllung der Struktur des Eupodophis-Hinterbeins ermöglicht es uns nun, zu erforschen, wie die Schlangen im Laufe der Evolution ihre Beine verloren haben", sagt die Studienleiterin Alexandra Houssaye.