Desy-Forscher dokumentiert per Röntgenlaser winzige Kristallstrukturen

Palo Alto/Hamburg. Ultrakurze, extrem genau steuerbare Röntgenblitze eröffnen den Wissenschaftlern neue Einblicke in immer kleinere Strukturen. Prof. Henry Chapman vom Zentrum für Freie-Elektronen-Laser (CFEL) am Deutschen Elektronen-Synchrotron (Desy) in Hamburg gelang jetzt ein Durchbruch - am weit entfernten Freie-Elektronen-Laser LCLS in Palo Alto (US-Bundesstaat Kalifornien). "Dort war es möglich, Bilder von den Strukturen einzelner Moleküle und Nanokristallen zu machen, bevor das intensive Röntgenlicht sie zerstört hat", sagt Desy-Sprecher Dr. Thomas Zoufal.

Seit Jahren nutzen Forscher intensive Röntgenblitze aus Teilchenbeschleunigern, etwa um Eiweißstrukturen zu betrachten oder chemische Reaktionen zu beobachten. Um deutliche Bilder der Moleküle herzustellen, müssen sie allerdings zu großen Kristallen gezüchtet werden, die aufwendig herzustellen sind. Neue Röntgenlaser haben viel kürzere und intensivere Lichtblitze als herkömmliche Anlagen. Sie arbeiten mit Blitzen, die um die 100 Femtosekunden (1 Femtosekunde = 10{+-}{+1}{+5} Sekunden/Billiardstel Sekunden) andauern. Mit ihnen will man auch Reaktionen von Molekülen scharf abbilden können. Wie in der Fotografie gilt: Je schneller der Vorgang abläuft, desto kürzer muss die Belichtung sein, um ein scharfes Bild zu erzeugen. Da die Untersuchungsobjekte durch die Energie des Blitzes sofort verdampfen, sind sie nur mit extrem kurzen "Belichtungszeiten" darzustellen Die Frage war: Schafft man es, mit einem Röntgenlaser ein Foto zu machen, bevor das Molekül verdampft?

Am LCLS auf dem Gelände der Stanford-Universität in Palo Alto machte Chapman jetzt Aufnahmen eines Fotosynthese-Eiweißes und eines Virus (Mimivirus, das Amöben infiziert) mit molekularer Auflösung. Er berichtet darüber in der Zeitschrift "Nature ".

"Die Experimente sind ein Durchbruch. Wir schauen in die Welt von morgen, in der wir mit Röntgenlasern nicht kristalline Strukturen erforschen können", kommentiert Desy-Chef Prof. Helmut Dosch die Arbeit. Sie sei auch für Hamburg bedeutsam, ergänzt Thomas Zoufal: "Am LCLS lernen wir sehr viel für die Experimente am Europäischen Röntgenlaser XFEL, der gerade zwischen Hamburg und Schenefeld gebaut wird."