Unterschiedliche Erreger können sich gegenseitig verstärken

Hamburg. Infektionen, die durch zwei oder mehrere unterschiedliche Krankheitserreger in einem Körper ausgelöst werden, können deutlich schwerer verlaufen, als wenn nur ein Erreger im Spiel ist. Die Gefahren, die von diesen sogenannten Ko-Infektionen ausgehen, diskutierten Forscher zwei Tage lang am Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI).

Ko-Infektionen sind deshalb so gefährlich, weil sie sich gegenseitig beeinflussen können und oft unberechenbar sind. So kann zum Beispiel der eine Erreger die Abwehrkräfte gegen den anderen Keim unterdrücken oder aber überschießende Immunreaktionen auslösen. Letztere können durch Influenza-A-Viren in der Lunge hervorgerufen werden, wobei das Gewebe schwer geschädigt wird.

"Mehr als 95 Prozent der Grippe-Todesfälle gehen auf eine Lungenentzündung durch die Ko-Infektion mit Bakterien, meist Pneumokokken, zurück", berichtet Prof. Thomas Dobner vom Heinrich-Pette-Institut. Durch die Behandlung mit dem Antibiotikum Ampicillin kann alles noch schlimmer werden: Es zerstört die Bakterien so gründlich, dass toxische Bestandteile freigesetzt werden, die wiederum die Entzündung weiter anheizen. Andere Antibiotika haben in Tierexperimenten einen besseren Schutz vor Lungenentzündungen durch Doppel-Infektion mit Influenza-A-Viren und Pneumokokken ergeben.

Knapp ein Drittel der Weltbevölkerung ist mit dem Tuberkulose(TB)-Erreger infiziert, ohne dass die Krankheit ausbricht. "Das Immunsystem hält sie normalerweise in Schach", sagt Prof. Ulrich Schaible vom Forschungszentrum Borstel. "Doch bei einer Immunschwäche wie der HIV-Infektion kann die Tuberkulose ausbrechen."

Im Dialog zwischen Grundlagenforschern und Klinikern sollen diese Zusammenhänge untersucht und Lösungen gefunden werden. Die Expertentagung wurde vom Leibniz Center Infection (LCI) veranstaltet, einem Zusammenschluss der führenden norddeutschen Institute für Infektionsforschung, dem BNI, dem Forschungszentrum Borstel und dem Heinrich-Pette-Institut. "Die drei Institute des Leibniz Center Infection ergänzen sich perfekt in der Erforschung der drei wichtigsten Infektionen weltweit - HIV, Malaria und TB", sagt Prof. Rolf Horstmann vom BNI.