Französischen Forschern gelingen mit einer neuen Methode erste Erfolge bei Mäusen. Die Wirkung bei Menschen ist noch nicht gesichert

Lille/Hamburg. Mit Stärkekörnern, wie sie in Pflanzenzellen vorkommen, machen sich zwei französische Wissenschaftler daran, eine der Menschheitsgeißeln zu bekämpfen: die Malaria. Stanislas Tomavo und Steven Ball von der Uni Lille haben Teile des Malariaerregers Plasmodium in eine Stärkehülle verpackt und damit einen Impfstoff hergestellt, den man schlucken kann - und der bei Mäusen wirkt.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO sind weltweit bis zu 500 Millionen Menschen an Malaria erkrankt, mehr als eine halbe Million sterben jedes Jahr an dieser von der Anopheles-Mücke übertragenen Krankheit, die durch den Parasiten Plasmodium ausgelöst wird. Ein großes Problem ist die Resistenz sowohl der Moskitos als auch der Parasiten gegen chemische und medikamentöse Bekämpfung, sodass die Vorbeugung durch eine Impfung die beste Lösung zu sein scheint. Viele Forscherteams arbeiten weltweit an der Entwicklung eines Impfstoffes gegen Malaria, doch bis jetzt hat noch keiner das Zulassungsstadium erreicht.

80 Prozent der von Malaria betroffenen Menschen leben in Afrika. Für sie kann eine herkömmliche Impfung durch Injektion ein erhöhtes HIV-Infektionsrisiko bedeuten. Eine Impfung in Form eines Nasensprays oder einer Schluckimpfung wäre die bessere Lösung. Die beiden Franzosen sind deshalb einen neuen Weg gegangen und haben einen Schluckimpfstoff entwickelt. Dazu mussten sie zunächst einen Träger finden, um das Antigen, also den infizierenden Bestandteil des Parasiten, in die Blutbahn zu lotsen. Das ist nicht so einfach, denn das Antigen darf nicht durch die Magensäure oder durch Verdauungsenzyme zerstört werden und muss unbeschädigt ins Blut gelangen, um dort seine immunisierende Wirkung entfalten zu können. Sie fanden ihren geeigneten Träger in Form eines Enzyms im Kern von Stärkekörnern aus der Grünalge Chlamydomonas reinhardtii. Das Besondere daran: Das Enzym befindet sich nur im Inneren der Stärke und ist dadurch vor Zersetzung geschützt - und mit ihm das Antigen.

Die ersten Versuche mit Mäusen verliefen erfolgversprechend. Tomavo und Ball verfütterten den Impfstoff und infizierten die Tiere nach der Immunisierung mit dem Parasiten. Es zeigte sich, dass die verabreichten Plasmodium-Antigene einen Überlebensschutz für die Mäuse darstellten. So hatten sie je nach verabreichter Dosis eine deutlich erhöhte Überlebenszeit gegenüber den nicht geimpften Tieren. Außerdem konnten in ihrem Blut drei Wochen nach der Infektion bis zu 50 Prozent weniger Parasiten festgestellt werden.

Diese Ergebnisse sind vielversprechend, doch Prof. Rolf Horstmann, Vorstandsvorsitzender des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin in Hamburg, macht auch noch auf andere Aspekte der Malaria-Impfung aufmerksam. "Generell ist bei der Malaria-Impfung zu bedenken, dass die Ergebnisse aus Laboruntersuchungen oder Tierversuchen mit Mäusen nur sehr eingeschränkt auf den Menschen übertragbar sind." So berichtet er von zwei Forschergruppen, die 2008 unabhängig voneinander einen Impfstoff in Afrika getestet haben, an den sie aus Vorbefunden und Laborstudien eigentlich keine großen Erwartungen gestellt hatten. Er erwies sich aber in Versuchen vor Ort mit afrikanischen Kindern als zu 50 Prozent wirkungsvoll. Aber auch von gegenteiligen Beispielen erzählt Horstmann, von erfolgversprechenden Voruntersuchungen, die bei der Anwendung am Menschen floppten "Alle Modelle, egal ob Mausmodelle oder auch Laboruntersuchungen, geben bei der Malaria keine zuverlässigen Hinweise darauf, wie gut der Impfstoff letztlich beim Menschen wirkt." Das kann auch daran liegen, dass sich die menschliche Malaria deutlich von der Tiermalaria unterscheidet. Tiere werden von anderen Erreger-Untergruppen des Plasmodiums befallen, was die Übertragbarkeit der Ergebnisse erschwert. "Das Mausmodell ist für die Malariaforschung nicht gut genug", sagt Horstmann.

Die beiden Franzosen sehen trotzdem einen großen Fortschritt in ihrer Entwicklung, die sie bereits als Patent angemeldet haben. Das Besondere daran könnte in der Tat die Verpackung sein: Stärke als Impfstoff-Transporter könnte unbedenklicher sein als die bis jetzt meist verwendeten Hüllen von Salmonellen. Und Stärke steht in unbegrenzter Menge zur Verfügung.