Die Jahresbilanz des Deutschen Wetterdienstes für Hamburg enthält vor allem winterliche Rekorde. Mit Prognosen tun sich die Experten schwer.

Hamburg. Noch nie seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1891 wurde in Hamburg zu Weihnachten eine dickere Schneedecke registriert als in diesem Jahr. Auch sonst werden die Wintermonate wohl die Erinnerungen an das Wetter im Jahr 2010 bestimmen. Dies zeigt die Bilanz des Deutschen Wetterdienstes für Hamburg.

Tief "Daisy" brachte bereits im Januar Schnee und Eisglätte, hielt damit die Stadt in Atem. Fast zwei Monate lang lag eine geschlossene Schneedecke, so andauernd wie seit dem Katastrophenwinter 1978/79 nicht mehr. Mit dem Schneefall vor gut 30 Jahren kann sich 2010 jedoch nicht messen: Die Schneehöhe erreichte am 14. Februar in Hamburg den Spitzenwert von 31 Zentimetern, 1979 waren es 67 Zentimeter. Orkantief "Xynthia" beendete am 28. Februar den meteorologischen Winter 2009/2010, fegte mit bis zu 160 Kilometern pro Stunde über Hamburg hinweg. Am 6. März fielen dann noch einmal 17 Zentimeter Schnee und blieben bis zum 12. März liegen.

Selten waren die Schneeschieber in jüngster Zeit so emsig im Einsatz wie in den ersten beiden Monaten des Jahres - und kaum waren sie verstaut, da mussten sie auch schon wieder hervorgeholt werden. So empfanden es zumindest viele Hamburger, als beim statistisch sehr frühen Wintereinbruch am 26. November der Schnee erstmals liegen blieb. Zuvor hatten Medien vor einem strengen Winter gewarnt.

"Ich habe diese Diskussion verfolgt", sagt Gudrun Rosenhagen, Leiterin der Zweigstelle Hamburg des Deutschen Wetterdienstes. "Nun ist der Winter tatsächlich sehr kalt geworden. Aber die damals gelieferten Erklärungen, etwa dass ein abgeschwächter Golfstrom die Kälte bringe, sind wenig stichhaltig. Die geringfügigen Änderungen des Golfstroms können das derzeitige ungewöhnliche Witterungsmuster nicht verursacht haben."

Zurzeit ist am Himmel verkehrte Welt: Über Island, wo gewöhnlich Tiefdruckgebiete herrschen, hat sich ein Hoch breitgemacht. Es dreht sich im Uhrzeigersinn und schaufelt nördliche Kaltluft nach Deutschland. Diese drang in den vergangenen Tagen mal bis zu den Alpen vor, mal wurde sie von feuchter südöstlicher Warmluft ausgebremst. Als Resultat ging in vielen Teilen Deutschlands Eisregen nieder.

Fest steht: Das Winterwetter wird uns bis ins nächste Jahr erhalten bleiben. Rosenhagen: "Tagsüber werden die Temperaturen um den Gefrierpunkt schwanken, nachts herrscht Frost. Und wir rechnen damit, dass sich dieser um den 8. Januar wieder verschärfen wird." Wetterlagen mit starken Nord- und Südströmungen wie die hiesige seien deutlich beständiger als Westwind-Wetterlagen. Der Schnee, der Wärmestrahlung reflektiert, und die ausgekühlte Ostsee stabilisierten die Kältephase zusätzlich, so Rosenhagen - "wir erwarten den kältesten Dezember seit den Wetteraufzeichnungen".

Die eisigen Wintermonate führten dazu, dass das Jahr 2010 in Hamburg erstmals seit 13 Jahren wieder etwas kälter ausfiel als der langjährige Durchschnitt (Zeitraum 1961-1990). Die absehbare Jahrsmitteltemperatur beträgt 8,2 Grad und liegt ein halbes Grad unter dem Durchschnitt. Dies widerspreche jedoch nicht dem globalen Trend der Erwärmung, betont Rosenhagen: "Weltweit geht ein sehr warmes Jahr zu Ende. Und wenn es bei uns ausgesprochen kalt ist, liegen in anderen Regionen unserer Breitengrade die Temperaturen über dem Durchschnitt."

Doch das Jahr 2010 hatte nicht nur Kälte, sondern auch ungewöhnliche Hitze zu bieten: Die Mitteltemperatur des Sommers überflügelte zum zehnten Mal in Folge den langjährigen Durchschnitt, und das lag am Monat Juli: Mit 21,1 Grad war er vier Grad zu warm. Er war nach 2006 und 1994 der drittwärmste jemals registrierte Juli. Passend dazu hatte er zwei Tropennächte - statistisch gibt es eine solche Nacht mit Temperaturen über 20 Grad in Hamburg nur alle fünf Jahre. Der August fiel dagegen als Sommermonat ins Wasser: mit nur 63 Prozent des durchschnittlichen Sonnenscheins, dafür aber 63 Prozent mehr Regen als üblich.

Ob der Winter die Stadt noch wochenlang im Griff halten und womöglich sogar Wetterrekorde brechen wird, dazu mag Gudrun Rosenhagen keine Prognose treffen. "Wenn die Wetterlage umschlägt und wir wieder südwestliche Strömungen bekommen, kann der Schnee schnell dahinschmelzen."