Studie belegt: Wer den ehemaligen Partner loben kann, hat die Trennung überwunden

Bonn. Viele Menschen neigen dazu, ihre wahren Gefühle zu verbergen - gerade solche Emotionen, die mit dem oder der "Ex" zu tun haben. Wer zum Beispiel in geselliger Runde mehrfach kein gutes Haar an seiner Verflossenen lässt, will damit häufig den Eindruck erwecken, die gescheiterte Beziehung schon abgehakt und die unguten Gefühle schon verarbeitet zu haben - und Gutgläubige nehmen dem Betreffenden das bisweilen auch ab.

Nicht die Zeit, sondern eine veränderte innere Einstellung heilt die Wunden

Eine Frau hingegen, die im Rückblick anerkennend über die guten Seiten ihres früheren Gatten spricht, könnte leicht verdächtigt werden, ihn insgeheim noch immer zu mögen. Doch das Gegenteil ist wahr. Wer seine frühere Liebe auch loben kann, hat sich innerlich am erfolgreichsten von ihr gelöst und lebt am zufriedensten. Nicht die Zeit, sondern die allmählich geänderte innere Einstellung zum Ex-Partner heilt Liebeswunden - und dabei kann eine neue Liebe sehr helfen. Das haben Psychologen der Universität Bonn herausgefunden und ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift "Personal Relationships" veröffentlicht (vorab online unter: doi: 10.1111/j.1475-6811.2010.01308.x).

Um zu diesem Fazit zu kommen, haben die Bonner Forscher 30 Studierende in deren Bekanntenkreis nach Menschen fahnden lassen, die sich kürzlich getrennt, zuvor aber wenigstens sechs Monate in einer Liebesbeziehung gelebt hatten. Gefunden wurden 68 Frauen und 76 Männer, die ausdrücklich erst seit Kurzem oder aber seit maximal zwei Jahren von ihrem letzten Partner getrennt sein sollten, um auch den Faktor Zeit in die Studie einbeziehen zu können.

Wer gut über die vergangene Liebe spricht, ist innerlich souverän

Die 144 Testpersonen wurden zunächst nach fünf besonders kennzeichnenden Merkmalen ihrer Ex-Partner gefragt, wobei elf Kategorien zur Auswahl standen. Das konnten der Vorname, das bevorzugte Getränk oder die Lieblingsmusik sein, aber auch die Haarfarbe oder ein besonderes Hobby. Danach mussten die Studienteilnehmer vor Computerbildschirmen Platz nehmen und bekamen nach dem Zufallsprinzip für 75 Millisekunden entweder eines dieser fünf Merkmale als Begriff gezeigt oder aber eine von fünf zuvor bestimmten Eigenschaften, die weder mit der oder dem "Ex" etwas zu tun hatten noch mit irgendeiner anderen bekannten Person. Nach sehr kurzer Pause zeigte der Monitor eine Zehntelsekunde lang ein chinesisches Schriftzeichen, das die Probanden per Tastendruck als "angenehm" oder "unangenehm" einstufen sollten. Diese Prozedur lief 60-mal so ab.

"Bei Versuchen wie diesem projizieren die Teilnehmer ihre Emotionen auf das Schriftzeichen", sagt der Psychologe Robert Imhoff, einer der beiden Autoren der Studie. "Sie bewerten das Zeichen umso angenehmer, je positiver ihre Assoziation bei dem zuvor gezeigten Begriff war." Psychologen sehen darin eine "Fehlzuordnung von Emotionen". Ein Beispiel: Hans wurde vor sechs Monaten von Britta verlassen. Im Experiment erscheint nun hin und wieder für eine knappe Zehntelsekunde der Name "Britta" auf dem Monitor. Immer, wenn das passiert, bewertet Hans das im Anschluss gezeigte Schriftzeichen positiver. Er verrät damit, dass er immer noch an Britta hängt. Diese Fehlzuordnung erfolgt automatisch, also weitgehend ohne bewusste Kontrolle. Das geht Imhoff zufolge so weit, dass der Teilnehmer etwas über sich erfahren kann, was er selbst gar nicht ahnte. Auf diese Weise konnten die Bonner Psychologen testen, was ihre Probanden implizit - also insgeheim oder uneingestanden - von ihren Ex-Partnern halten. Zusätzlich befragten die Wissenschaftler die Teilnehmer explizit nach den Charaktereigenschaften von deren Verflossenen. Dabei konnten die Testteilnehmer aus 18 vorgegebenen Aussagen wählen - so zum Beispiel: "Mein Ex-Partner hatte viele positive Wesenszüge" oder "Mein Ex-Partner ist egoistisch" oder "Mein Ex-Partner sollte das eine oder andere an sich ändern".

Zudem mussten die Versuchsteilnehmer angeben, wie sehr sie mit ihrer augenblicklichen Lebenssituation zufrieden sind. Dabei zeigte sich, dass sie umso unzufriedener mit ihrem Leben waren, je positiver sie insgeheim noch ihrem ehemaligen Partner zuneigten.

Zwar klingt das wenig überraschend, doch "erstaunlicherweise ist es mit den expliziten Meinungen genau andersherum", sagt Imhoffs Ko-Autor Rainer Banse, der an der Bonner Universität die Abteilung Sozial- und Rechtspsychologie leitet. "Wer sich positiv über den Ex-Partner äußert, ist tendenziell zufriedener."

Mit einer neuen Liebe verliert die alte Beziehung an Bedeutung

Lebenserfahrene, emotional kluge Menschen wissen es längst: Wer gut über die vergangene Liebe spricht, ohne sich etwas vorzumachen, ist innerlich souverän. Wer aber - wie der Fuchs in der Fabel - die inzwischen unerreichbaren Trauben verunglimpft, verrät, dass er noch immer scharf auf sie ist.

Doch wie wichtig ist dabei, ob man noch immer alleine durchs Leben geht oder wieder in einer neuen Beziehung lebt? Auch das wollten Imhoff und Banse herausfinden und dabei berücksichtigen, ob jemand sich von seinem Partner getrennt hat oder selbst verlassen worden ist. Ihre Befunde: Wer verlassen worden und noch immer Single ist, hat insgeheim noch immer ein vergleichsweise positives Bild von dem verlorenen Menschen. "Ferner zeigt sich, dass Verlassene die Trennung eher rückgängig machen wollen als diejenigen, welche die Trennung initiiert haben", sagt Imhoff. Die innere Einstellung ändert sich jedoch rasch, wenn der Verlassene eine neue Liebe gefunden hat. Dann verliert die alte Beziehung an Bedeutung. Der aktive Betreiber einer Trennung hingegen ändert seine negative Einstellung zum Ex-Partner praktisch nicht, wenn er sich neu mit jemandem verbindet. Wer geht, hatte wohl schon vor der Trennung implizit ein eher ungutes Bild vom Lebensgefährten.

Überrascht hat die Forscher ein anderes Ergebnis: Offenbar gibt es keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen der Zeit seit der Trennung und der inzwischen erreichten Lebenszufriedenheit. "Unsere Studie zeigt, dass man sehr lange unter einer Trennung leiden kann", sagt Roland Imhoff. "Oft scheint erst mit einer neuen Beziehung auch eine Neubewertung des Ex-Partners einherzugehen, der damit an Einfluss auf das Lebensglück verliert.