Viele Vulkane am Pazifik entstehen ausgerechnet mithilfe von Wasser, wie Kieler Forscher durch neue Messungen bewiesen haben

Kiel. Die Vulkane an den Rändern der Kontinente rund um den Pazifik gehören zu den aktivsten weltweit; tonnenweise spucken sie glühend heiße Magma in die Atmosphäre. Dieser Prozess, so nehmen es Geologen an, wird durch Wasser aus dem Boden des nahen Ozeans verursacht. Forscher des Kieler Instituts für Meereswissenschaften (IFM Geomar) und der Freien Universität Berlin haben jetzt in Costa Rica Hinweise gefunden, die diesen Zusammenhang bestätigen. Ihre Studie erscheint in der Online-Ausgabe des Magazins "Nature Geoscience".

Um die Erkenntnisse zu verstehen, muss man sich zunächst die Beschaffenheit der äußeren festen Schicht unseres Planeten vor Augen führen, der Erdkruste: Sie besteht aus einem Mosaik gigantischer Gesteinsplatten, welche die Kontinente und die Böden der Ozeane bilden. Die ozeanischen Platten tauchen an der Grenze zu kontinentalen Platten ins Erdinnere ab. An diesen sogenannten Subduktionszonen, die auch vor der Küste Costa Ricas existieren, entstehen im Meeresboden tiefe Spalten, durch die Wasser in den Erdmantel unter den Rand des Kontinents gelangt. Dort setzt es in 80 bis 120 Kilometer Tiefe in einem chemischen Prozess die Schmelztemperatur des Gesteins herab, das sich durch die Hitze aus dem Erdinneren zu Magma verflüssigt, an Gewicht verliert und zur Oberfläche des Kontinents steigt - wo es Vulkanen Nahrung liefert. So weit die Theorie, denn bisher war nicht nachgewiesen worden, dass so tief im Boden von Subduktionszonen Wasser existiert und wie es an die Oberfläche gelangt.

Das Forscherteam aus Kiel und Berlin konnte dieses Wasser nun nachweisen und seinen Weg bis in 120 Kilometer Tiefe und zurück an die Erdoberfläche verfolgen. Dazu installierten die Wissenschaftler eine Kette aus Sensoren, die vom Meeresboden 200 Kilometer vor der Pazifikküste Costa Ricas bis 160 Kilometer hinter die Vulkankette des Landes reichte. Anschließend maßen sie mit der Methode der sogenannten Magnetotellurik Änderungen im elektromagnetischen Feld der Erdkruste, schlossen so auf die elektrische Leitfähigkeit des Bodens - und damit auf seine Beschaffenheit: "Wasserhaltiges Gestein besitzt eine hohe Leitfähigkeit, deshalb konnten wir es mit dieser Methode gut aufspüren", erläutert IFM-Forscherin Marion Jegen. Die Geophysikerin hatte das für Landmessungen entwickelte Verfahren für den Einsatz am Meeresboden angepasst.

Die Messungen hätten gezeigt, dass 50 Prozent des tief im Boden eingeschlossenen Wassers tatsächlich in der Magma an die Oberfläche gelange. 20 Prozent entweiche wieder in den Ozean. Was die Forscher überraschte: Die übrigen 30 Prozent des Wassers blieben nahe der Vulkane unter dem Kontinent gespeichert. "Das ist eine neue Erkenntnis, die dazu beitragen kann, den globalen Wasserkreislauf besser zu verstehen", sagt Jegen. "Allerdings gilt es nun, die Ursachen dieses Phänomens zu erforschen."