Hamburg. Wird der kommende Winter der kälteste seit 100 oder sogar seit 1000 Jahren? Solche Prognosen kursieren derzeit im Internet und wurden bereits von einigen Medien aufgegriffen. Meteorologen und Klimaforscher geben Entwarnung: Es sei derzeit nicht verlässlich vorherzusagen, wie der Winter 2010/2011 ausfallen wird, doch die monatlichen Trendanalysen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) deuteten eher auf einen durchschnittlichen Saisonverlauf hin, sagt DWD-Sprecher Uwe Kirsche.

Die Nachricht vom Jahrtausendwinter stamme von russischen Meteorologen und kursiere seit einigen Tagen, so Kirsche. Dem DWD lägen keine Daten vor, die diese Aussage bestätigten. Eine Erklärung für die frostigen Zeiten soll ein schwächelnder Golfstrom sein. Auslöser könne womöglich die Chemikalie Corexit sein, die während des Sommers tonnenweise zur Ölbekämpfung in den Golf von Mexiko gesprüht wurde, heißt es.

"Es gibt weltweit zwei Forschergruppen, die den Golfstrom vermessen, die federführende sitzt in Southhampton, die andere sind wir", sagt Prof. Jochem Marotzke, Direktor am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. "Ob der Golfstrom derzeit schwächelt, kann keiner wissen, denn es fehlen aktuelle Daten. Unsere Messinstrumente sind jetzt im Wasser und werden im Frühjahr gehoben. Die jüngsten verfügbaren Daten aus Oktober 2009 liegen im mittleren Bereich."

Erstmals haben die Golfstromexperten kürzlich per Computermodell einige Jahre in die Zukunft geschaut - auch hier seien keine Veränderungen erkennbar, so Marotzke. Allerdings konnten sie einen möglichen Einfluss des Dispersionsmittels Corexit nicht abbilden. Von ihm waren rund sieben Millionen Liter über dem Golf von Mexiko versprüht worden, um die Ölteppiche aufzulösen.

Einen solchen Einfluss kann sich Marotzke nicht vorstellen: "Pro Sekunde (!) strömen zwischen 15 und 20 Milliarden Liter Meerwasser nach Nordosten durch den Atlantik. Wie da sieben Millionen Liter Corexit, die über Wochen hinweg ins Meer eingebracht worden sind, eine Wirkung haben sollten, ist mir unerklärlich."