Die Grundidee ist einfach: Mit jedem Kilometer Tiefe steigt die Temperatur der Erde um 30 bis 40 Grad, Erdwärme (Geothermie) steht zudem in fast beliebiger Menge zur Verfügung.

Mitten in Hannover, zwischen Wohnanlagen und Bürotürmen, hat gestern "Innova Rig" deshalb damit begonnen, ein 4200 Meter tiefes Loch zu bohren. Diese eigens konstruierte Bohranlage mit 500 Tonnen Gewicht wird von Elektromotoren angetrieben, damit die Nachbarn gut schlafen, wenn sich in den nächsten drei Monaten rund um die Uhr die Bohrmeißel in die Erde fressen.

15 Millionen Euro lässt sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie das Forschungsprojekt "GeneSys" (Generierte Energiesysteme) kosten. Bauherr ist die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), deren Bürokomplex für über 1000 Mitarbeiter kaum 100 Meter entfernt ist.

Ab dem Jahr 2012 soll die Bundesanstalt aus dem norddeutschen Untergrund mit zwei Megawatt thermischer Energie als Heizleistung versorgt werden. Diese Energiemenge würde auch für rund 400 Einfamilienhäuser reichen.

Der über 50 Meter hohe Bohrturm entspricht bis auf die fehlende Hubschrauberplattform genau dem Bild, das man von Bohrinseln kennt. Ein Gewirr von dicken Rohren, Plattformen und in der Mitte ebenjene Technik, mit deren Hilfe immer neue Gestänge den Bohrkopf tiefer und tiefer durch die Gesteinsschichten drücken.

Aber nicht nur die Bohrstelle mitten in der Stadt mit höchstens 40 Dezibel Geräuschbelastung (entspricht einem lauten Gespräch) ist ungewöhnlich.

Ausprobiert wird eine Technik, bei der 25 Kubikmeter kaltes Wasser pro Stunde in den Boden gepumpt wird und dann über dieselbe Bohrung das auf bis zu 135 Grad erhitzte Wasser wieder nach oben gelangt. Wenn das klappt, entfallen die Kosten für die bei solchen Projekten bislang nötige teure zweite Bohrung, Erdwärme wird so wirtschaftlicher. "Huff Puff" nennen die Experten die neue Methode: "rein raus".

Prof. Hans-Joachim Kümpel, Präsident der Bundesanstalt, drückte gestern nicht nur auf den Knopf, mit der sich die riesige Bohrmaschine an die Arbeit machte, er schwärmte auch von den Chancen: "Erdwärme ist eine nahezu unerschöpfliche Energiequelle und vor allem umweltfreundlich."

Zwischen fünf und acht Meter schafft die Bohranlage pro Stunde. Wenn sie auf rund 4000 Meter Tiefe angelangt ist, wird das tief in der Erde kreisende Bohrgestänge rund 200 Tonnen wiegen.