Der Pflanzenforscher untersucht das Wachstumshormon Auxin

Hamburg. Jung. Er sei ja noch so jung. Immer wieder fiel dieses Wort, und deshalb durfte sich Jiri Friml, 37, gleich zweifach geschmeichelt fühlen. Für seine Arbeit über das Wachstumshormon Auxin erhielt der tschechische Pflanzenforscher gestern im Hamburger Rathaus den mit 750 000 Euro dotierten Körber-Preis für die Europäische Wissenschaft, einen der angesehensten Forschungspreise in Europa.

Friml habe "bahnbrechende Erkenntnisse" zu Tage gefördert, sagte Hamburgs Erster Bürgermeister Christoph Ahlhaus (CDU) vor 560 geladenen Gästen, unter ihnen auch Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach, Kultursenator Reinhard Stuth, Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts, und Christian Wriedt, Vorstandsvorsitzender der Körber-Stiftung. Mehrfach kam zur Sprache, wie schnell es der Preisträger so weit gebracht habe: "Mit Blick auf die lange Liste seiner Publikationen fragt man sich: Wie hat er das bloß gemacht?", staunte TV-Moderator Ranga Yogeshwar, der Friml befragte.

Professor Jiri Friml ist Molekularbiologe und Biochemiker, er erforscht an der Universität Gent in Belgien, welche Prozesse das Wachstum von Pflanzen steuern. Woher weiß eine Pflanze, wann und wo sie Wurzeln, Stängel, Blätter und Blüten bilden muss? Frimls Probandin ist die Ackerschmalwand, bei der er stellvertretend für andere Pflanzen die besonderen Eigenschaften des Wachstumshormons Auxin untersucht. Zwar war bekannt, dass die Herstellung des Hormons vor allem im Spross und in jungen Blättern erfolgt. Unklar blieb allerdings lange, wie Auxin in der Pflanze verteilt wird. Erst in jüngerer Zeit wiesen Forscher nach, dass spezielle Transportproteine - Friml nennt sie "Taxis" - Auxin in alle Teile der Pflanze befördern.

Hier setzte der Tscheche an. Mithilfe von Spezialmikroskopen und modernsten Färbetechniken stellte er fest, dass die Taxis unterschiedliche Mengen von Auxin in die Zellen befördern - abhängig davon, um welchen Teil der Pflanze es sich handelt. Was die Zellen tun sollen, dass sie etwa ein Blatt bilden sollen, ist durch ihr Erbgut festgelegt. Für den Zeitpunkt, an dem sie es tun, spielt Auxin eine entscheidende Rolle, hat Friml festgestellt: "Auxin ist ein Signalgeber: Es sagt den Zellen, wann sie wachsen sollen." Entscheidend für diese Steuerung, fand er heraus, ist die Konzentration von Auxin in verschiedenen Teilen der Pflanze. Wurzeln etwa wachsen stärker, wenn sie weniger Auxin erhalten, Blätter hingegen stärker, wenn sie mehr Auxin erhalten.

Interessant sind Frimls Erkenntnisse nicht nur für Pflanzenforscher, sondern auch für die Landwirtschaft. Denn durch die Steuerung von Auxin könnten Nutzpflanzen so gezüchtet werden, dass sie zum Beispiel längere oder stärker verzweigte Wurzeln haben und damit besonders für nährstoffarme Böden geeignet sind. "Fortschritte auf diesem Gebiet werden untrennbar mit dem Namen Friml verbunden sein", sagte Bürgermeister Ahlhaus.

Portrait des "Anstifters" Kurt A. Körber